Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. Den 75. Jahrestag würdigt Bundesjustizminister Buschmann als “glückliches Jubiläum” – und warnt zugleich vor Angriffen auf die deutsche Verfassung.
“Menschen können nicht ständig Helden sein” – doch menschliche Schwächen versucht das Grundgesetz nach Worten von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auszugleichen. Jede und jeder könne das höchste deutsche Gericht anrufen, wenn man die eigenen Grundrechte von der öffentlichen Gewalt verletzt sehe, schreibt Buschmann in einem Gastbeitrag für die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Donnerstag). Er äußerte sich zum Inkrafttreten des Grundgesetzes vor 75 Jahren.
Auch Parlamentarier hätten die Möglichkeit, über eine bestimmte Maßnahme mehrheitswidrig zu befinden, “weil sie der Öffentlichkeit mitteilen können, ansonsten mit erfolgreichen Verfassungsbeschwerden zu rechnen. So ist weniger ‘Heldenmut’ erforderlich, um einem populären, aber grundrechtswidrigen Gesetzentwurf eine Absage erteilen zu können”, erklärte der Minister.
Buschmann warnte zugleich vor “autoritären Versuchungen”, denen gegenüber die Widerstandsfähigkeit weltweit abnehme. “Es wäre naiv, nicht die multiplen Herausforderungen für die Stabilität der Ordnung des Grundgesetzes zu erkennen.” Die Corona-Krise habe gezeigt, “wie sehr und wie schnell sich Freiheitsräume auch in liberalen Demokratien verengen können”.
Auch gebe es “gedankliche Gefahren”, führte der Politiker aus – wenn etwa argumentiert werde, Personen, die sich “angeblich unvernünftig” verhielten, müssten “durch den Staat befreit werden – und das notfalls mit Zwang”. Dem habe das Bundesverfassungsgericht bislang einen Riegel vorgeschoben: “Paternalismus kann sich nicht auf das Grundgesetz berufen.”
Ebenso sei es eine Verkürzung, die Politik dazu aufzurufen, “der Wissenschaft” zu folgen. “Ja, verantwortungsvolle Politik ist auf wissenschaftliche Beratung angewiesen. Aber Wissenschaft im Singular ist bereits eine Groteske”, so Buschmann. Beispielsweise seien während der Corona-Pandemie die Ratschläge von Virologen, Kinderärzte und Juristen weit auseinander gegangen, und auch innerhalb der Disziplinen habe es Debatten gegeben.
Im Hinblick auf das Jubiläum warb der Minister auch für Zuversicht. Krisen und Bewährungsproben seien bereits bestanden worden, und es gebe “gute Gründe, sich auf seine Stärken zu besinnen”. Der Maßstab der demokratischen Debatte müssten die Grundrechte des Individuums bleiben.