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Bunt und vielschichtig wie die Jubeltorte

Zur Feier des runden Geburtstags in Haus Villigst kamen rund 150 Freiwillige zusammen

Gemeinsam schneiden Irmgard Wolf und Lena Kretzschmar die vierstöckige Torte an. Obwohl die zwei über sechzig Lebensjahre trennen, verbindet sie doch dieselbe Erfahrung: Beide machten ein Diakonisches Jahr bei der Evangelischen Kirche von Westfalen. Als älteste „Diakonische“ trat Irmgard Wolf ihr Freiwilligenjahr 1985 an, während die 18-jährige Lena ihres erst im Sommer abschließen wird.
Ähnliche Begegnungen gab es zuhauf bei der Jubiläumsfeier des Diakonischen Jahres. Seit sechzig Jahren engagieren sich Freiwillige in verschiedenen Einsatzstellen der Kirche und Diakonie in Westfalen. Rund 150 aktuelle und ehemalige Freiwillige feierten den Ehrentag Anfang Mai in Haus Villigst. Neben der bunten Geburtstagstorte und dem interaktiven Gottesdienst bot der Nachmittag für alle auch die Gelegenheit zum Austausch und zum Schwelgen in Erinnerungen.
Über die lange Erfolgsgeschichte des freiwilligen Dienstes und die inzwischen über 10 000 Freiwilligen freut sich auch Ute Gerdom, Leiterin des Diakonischen Jahres: „Die Struktur und Organisation des Diakonischen Jahres hat sich mit der Zeit weiterentwickelt“, sagte sie. „Aber die Menschen, die sich engagieren, sind gleichgeblieben. Ganz egal, wann sie sich engagiert haben – alle erzählen, dass es sie unheimlich geprägt hat.“
Das wird jedem schnell klar, der den Gesprächen am Kaffeetisch oder am Buffett lauscht.  Jeder der Ehemaligen hat eine persönliche Geschichte zum Diakonischen Jahr zu erzählen. Wie Wolfgang Pagel, für den der freiwillige Einsatz in einer Behinderteneinrichtung ein Wegweiser in einen sozialen Beruf war. Nach seinem Diakonischen Jahr 1970 schulte der damals 20-Jährige vom Lackierer zum Krankenpfleger um. „Bereut“, so erzählt Pagel, „habe ich das nie“.
Ähnliches erzählt auch Hermann Grandt, der 1969 für das Freiwilligenjahr in der Krankenpflege zum ersten Mal das Haus seiner Eltern verließ. „Das war eine ganz andere Art von Unabhängigkeit, die ich dort erlebte“, schildert er.  Auch danach kehrte er nicht mehr dorthin zurück. Statt Theologie zu studieren, entschied sich Grandt dann für ein Medizinstudium.  
Viele knüpften im Diakonischen Jahr auch Beziehungen fürs Leben. Brunhilde Wöstmann und Ilse Schmidt lernten sich 1961 beim freiwilligen Dienst im Pflegeheim Salem kennen. Seitdem haben sich die beiden Frauen nie aus den Augen verloren. Auch Maximilian Meng und Laura Graf lernten sich durch das Diakonische Jahr kennen. Inzwischen sind die beiden ein Paar und arbeiten noch immer in derselben Einrichtung, in der sie während ihres freiwilligen Jahres eingesetzt waren. Caroline Werrn und Simone Meyer studieren inzwischen zusammen und sind quasi unzertrennlich: „Wir sagen immer, dass wir verloren gegangene Zwillinge sind, die sich im Diakonischen Jahr gefunden haben“, erzählen sie lachend.  
Und schon jetzt knüpfen die aktuellen Freiwilligen den Stoff für neue Geschichten. Die jüngste „Diakonische“, Lena Kretzschmar, trat ihr Dia­konisches Jahr vor allem deshalb an, weil sie sich nicht direkt nach dem Abitur in das Studium stürzen wollte. „Das Diakonische Jahr wird mir im Studium helfen“, ist sie überzeugt. „Ich möchte Theologie studieren und habe in den letzten Monaten so viel gelernt. Besonders freue ich mich über die vielen großartigen Menschen, die ich dabei kennen gelernt habe.“
Nach 60 Jahren Diakonisches Jahr soll natürlich noch lange nicht Schluss sein. Für das im Sommer beginnende Freiwilligenjahr sind noch Anmeldungen möglich.

Informationen zur Bewerbung: