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Bundeskunsthalle präsentiert die Zeit der Postmoderne

Das ist schon was Besonderes: Wenn das Museumsgebäude selbst das wichtigste Objekt einer Ausstellung in seinen eigenen Mauern ist. So geschehen bei der Bundeskunsthalle in Bonn, die ab Freitag zu einer Schau über das Zeitalter der Postmoderne (1967-1992) einlädt.

Unter dem Titel “Alles auf einmal” erzählt sie von der Mondlandung, vom Beginn der Informationsgesellschaft, von der Entfesselung der Finanzmärkte, von der großen Zeit der Subkulturen, von Disco, Punk und Techno-Pop, Schulterpolstern und Memphis-Möbeln.

Es war – aus Sicht der Ausstellungsmacher – eine Zeit, in der alles möglich war. Die Moderne, die mit normierten Häusern, Möbeln und Rechten für alle alles sortieren zu können glaubte, wurde verabschiedet. Es entstand eine neue, bizarre, exzentrische Welt. Designer befreiten sich vom guten Geschmack, ironische Distanz ersetzte existenziellen Ernst. “Anything goes” in Kunst, Medien, Mode und Architektur.

So auch bei der Bundeskunsthalle: Das 1992 eröffnete Haus sei ein Beispiel für die unbekümmerte Mischung aus Architekturelementen unterschiedlicher Traditionen, heißt es im Katalog. Der vom Wiener Architekten Gustav Peichl geplante imposante Kunsttempel mit seinen schmucklosen Fassaden, seinen Bullaugenfenstern, seiner sich in Wellen schlängelnden Glasfront und seinen Säulen, den elegant zugespitzten Lichtkegeln und der begrünten Dachlandschaft wurde auch als Moschee oder Karawanserei beschrieben.

Auch wer die Ausstellung betritt, gewinnt schnell den Eindruck, dass alles drunter und drüber geht. Knallbunte überdimensionale Möbel, XXL-Leinwände mit Musik-Clipps und Tanzszenen, Architekturmodelle, exzentrische Mode oder der futuristische Rennwagen von Citroen – eine Pyramide auf Rädern. Der riesige Ausstellungsraum ist einer Stadt nachempfunden, durch die die Besucher von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schlendern.

Das erste, was sie sehen, sind Musikvideos, auf große Leinwand projiziert. Madonna, Annie Lennox, fließende Identitäten, Subkultur und Unterhaltungsindustrie. Kultur wird in dieser Zeit kommerzialisiert, Identität politisiert – die Debatten von heute beginnen schon damals.

Zugleich werden die ideologischen Debatten der 68er abgelöst. An die Stelle der Systemkämpfe trat der Kampf um Selbstverwirklichung. Es gibt keine Wahrheit mehr: Geschichtsschreibung unterscheidet sich nicht von Dichtung. Die Medien schieben sich vor die Wirklichkeit und lassen sich nicht mehr von ihr trennen.

Architekturmodelle und Videos von einstürzenden Neubauten zeigen: Auch die funktionalistische Architektur der Nachkriegszeit funktioniert nicht mehr. Das Sozialbau-Viertel Pruitt-Igoe in St. Louis, in das in den 50er Jahren viele Farbige umgesiedelt wurden, ist zur Drogenhölle heruntergekommen und wird abgerissen. Häuser werden in der Mitte auseinandergesägt, Autos durch eine Wand aus Fernsehern gejagt. Die neue Architektur bedient sich bedenkenlos bei dem, was die Baugeschichte so anbietet. Überall Rundbögen, Schnörkel und Verrücktheiten.

Die Ausstellung lässt die Postmoderne mit dem Jahr 1992 enden. Warum? Und was danach kommt? Hier bleiben die Ausstellungsmacher im Vagen. Eines der letzten Bilder der Schau ist ein überdimensionales Cover des 1992 erschienenen Buchs “Das Ende der Geschichte” des Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama. Die Welt sortiert sich in den 90er Jahren neu, die Mauer ist gefallen und die Globalisierung ist scheinbar unaufhaltsam. Doch das ist eine andere Geschichte.