Eulen gelten seit jeher als kluge, aber auch etwas unheimliche Vögel. Wissenschaftler versuchen, den Rätseln rund um die Tiere auf den Grund zu gehen. Und machen dabei erstaunliche Entdeckungen.
Eigentlich ist dieses Tier schon immer da gewesen: Eulen finden sich auf 30.000 Jahre alten Malereien in der Chauvet-Höhle in Frankreich. Schon in der Antike wusste der Dichter Aristophanes, dass es keinen Zweck hat, die Vögel nach Athen zu tragen, weil dort bereits so viele Exemplare lebten. Im Mittelalter fürchteten die Menschen den Waldkauz als Todesbringer; in J. K. Rowlings Romanen erhält Harry Potter wichtige Botschaften von einer Schnee-Eule namens Hedwig.
Tatsächlich kreuzten Kauz und Co erstmals vor rund 55 bis 65 Millionen Jahren auf. Heute sind rund 260 Arten bekannt, die alle Kontinente mit Ausnahme der Antarktis bevölkern, schreibt Jennifer Ackerman in ihrem soeben auf Deutsch erschienenen Buch “Die Weisheit der Eulen”. Da wäre beispielsweise der höchst seltene und mit maximal 14 Zentimeter Länge eher winzige Perukauz. Von ganz anderem Kaliber ist der in Australien lebende Riesenkauz, der es vor allem auf eine spezielle Art kleiner, pelziger Beuteltiere abgesehen hat. Laut Ackerman verzehrt ein Riesenkauz 250 bis 350 Kusus im Jahr. “Eulen sind keine Vegetarier”, heißt es auf der Homepage der in Bad Münstereifel ansässigen Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen.
Deren Angaben zufolge sind 13 Eulenarten in Europa heimisch. Zu den bekanntesten Vertretern gehören Schleiereule und Steinkauz. Über allem schwebt der Uhu mit einer Körpergröße von rund 70 und einer Spannweite von bis zu 180 Zentimetern. “Im großen Lautrepertoire des Uhus ist der weittragende Balzgesang am bekanntesten: das ‘buhoo’ des Männchens und das hellere ‘uhju’ des Weibchens. Jungvögel betteln mit kurzem, scharfem ‘chzscht’.”
Das stimmliche Ausdrucksvermögen der Eulen lässt seit einiger Zeit die Wissenschaft aufhorchen. So kam Karla Bloem, geschäftsführende Direktorin des International Owl Center in Houston (Minnesota) bei Forschungen mit Virginia-Uhus auf 15 verschiedene Lautäußerungen, wie Ackerman schreibt: “sechs Arten von Geheul, vier Formen von Zwitschern und fünf Typen von Krächzen, darunter ein Alarmruf, der sich wie ein gespenstisches Kreischen anhört”.
Dass Eulen als besonders klug gelten, hat unter anderem mit ihren großen, nach vorn weisenden Augen zu tun. Mit denen können sie in der Dunkelheit enorm gut sehen – auch wenn nur ein Drittel aller Arten nachts auf die Jagd geht. Noch erstaunlicher ist das Gehör, wie Ackerman am Beispiel des Bartkauzes erläutert: “Die Ohren sind so fein abgestimmt, dass er die leisen Schritte einer Spitzmaus im Wald ebenso heraushören kann wie den Flügelschlag eines Meisenhähers oder das dumpfe Rascheln einer Maus, die tief unter dem Schnee ihre Gänge gräbt.” Hinzu kommt: Das Gehör von Eulen altert anders als beim Menschen offenbar nicht. Weil sich die Haarzellen in der Hörschnecke regenerieren.
Wunder der Natur, angesichts derer einem Hören und Sehen vergehen mag. Bei Eulen sind diese beiden Sinneswahrnehmungen so eng miteinander verknüpft, dass beispielsweise deren Augen sich als Reaktion auf ungewöhnliche Geräusche erweitern. Entsprechende Experimente hätten ergeben, “dass es diese unwillkürliche Reaktion der Pupillen auch bei Menschen gibt und dass man mit ihrer Hilfe das Hörvermögen nicht nur bei Eulen, sondern auch bei Babys vermessen kann”, schreibt Ackerman. Dies habe letzten Endes zu einem neuen Untersuchungsverfahren für Hörstörungen bei Säuglingen geführt, die noch nicht mitteilen können, ob und was sie hören.
So eifrig der Mensch bei der Aufdeckung von Rätseln rund um die Eule zu Werke geht, so nachlässig ist er mitunter bei deren Schutz, wie eine Episode aus Speyer zeigt. Am dortigen Kaiserdom blieb in diesem Frühjahr zum zweiten Jahr in Folge ein Nistplatz für Uhus an den Domtürmen leer. Fachleute vermuten, dass die Vögel durch unerlaubte Drohnenflüge von Hobbyfotografen vertrieben wurden. “Europas Eulen brauchen mehr als den Schutz der Dunkelheit: Sie brauchen auch Ihr Engagement!”, mahnt die Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen. Dort, aber auch auf der Homepage der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen, finden sich Tipps, wie Naturfreunde zu diesem Ziel beitragen können.