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Buchtipp “Die Kaiserstadt” von Paul Zifferer

Das Buch “Die Kaiserstadt” von Paul Zifferer erschien 1923 zum ersten Mal. Jetzt ist der Roman neu aufgelegt worden – zur Freude unseres Autors Jürgen Israel.

Titelcover Roman "Die Kaiserstadt" von Paul Zitterer
Titelcover Roman "Die Kaiserstadt" von Paul ZittererPromo Verlag

Das Buch erschien 1923 zum ersten Mal. Sein Autor, Paul Zifferer, starb 1929 mit gerade 50 Jahren. Er gehörte zu den wichtigsten österreichischen Dichtern seiner Zeit. Der endlich wieder veröffentlichte Roman ist ein großer Lesegenuss. Die Handlung des Romans beginnt mit der Beisetzung des Kaisers Franz Joseph I. am 30. November 1916 in Wien. Und sie endet im Wiener Stadtbezirk Grinzing mit „einem bescheidenen Mahl“ im Haus eines Weinbauern.

Der Tod des Kaisers beendet auch Traditionen

Der Tod des Kaisers steht für den Untergang jahrhundertealter sozialer, politischer und moralischer Ordnungen. Das Ende des Romans weist nicht auf eine soziale, wirtschaftliche oder sogar moralische Gesundung nach dem Ersten Weltkrieg hin, sondern es steht für Unsicherheit und zugleich für den Fortbestand ausbeuterischer, verlogener Strukturen. An die Stelle scheinbarer Sicherheit ist eine für alle offensichtliche Ungewissheit getreten. Am Tag des Kaiserbegräbnisses kommt der gesundheitlich angeschlagene Chemiker Dr. Toni Muhr aus der Kriegsgefangenschaft nach Wien zurück.

Er findet seine schöne Frau Lauretta und seinen Arbeitsplatz verändert vor. An der Treue seiner Frau hegt er berechtigte Zweifel. Und die Firma, in der er angestellt war, hat mit einer Erfindung von ihm Riesengewinne gemacht, will ihn aber nicht daran beteiligen. Muhr strengt einen Prozess an – wie er ausgeht, ist für den Roman nicht entscheidend: Er ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Systems, in dem nichts mehr von Bestand ist.

Das “alte” Österreich gibt es nicht mehr

Die Elite des alten Österreich hat keinen Einfluss mehr auf die neuen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse. Das alte Österreich existiert nur noch als „Luftspiegelung“. Die Umbrüche nach dem Ersten Weltkrieg zeigen, dass sie sich längst vorbereitet hatten, durch die Fassade des Kaisertums aber für viele verborgen blieben. Das alles wird dargestellt in einer spannenden Romanhandlung. Die Schicksale aller Schichten und Klassen der unmittelbaren Nachkriegszeit sind miteinander verwoben. Und nicht nur die Hauptperson erlebt an sich eine „allgemeine Verengerung des Lebenskreises“.

Buchhinweis: Paul Zifferer, Die Kaiserstadt, ReclamVerlag, Ditzingen 2023