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Brennnesseln und Natternköpfe

Mehr als die Hälfte der Tagfalterarten steht auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Wer den Schmetterlingen helfen will, kann auch im eigenen Garten eine Menge tun.

Sie sind ein Beispiel dafür, wie wunderbar die Schöpfung ist und wie schön wohl das Paradies sein muss: Schmetterlinge. Jetzt kann man sie mit etwas Glück beim Sonnenbaden am Wegrand beobachten: den Zitronenfalter, den Großen Fuchs oder das Tagpfauenauge. Nahrungsquellen wie Weidenkätzchen und Krokus sind jetzt sehr begehrt. Doch die Lebensbedingungen für die Falter werden immer schwieriger.
Von den rund 180 Tagfalterarten, die in Deutschland vorkommen, sind nach Angaben des Nabu über die Hälfte gefährdet. Fünf Arten seien bereits ausgestorben. Forscher berichten von einem massiven Insektensterben weltweit, das auch die Schmetterlinge betrifft. In nur knapp drei Jahrzehnten sind drei Viertel aller Fluginsekten in Schutzgebieten verschwunden, das zeigte Ende 2017 die „Krefelder Studie“. Dafür werden unter anderem die intensivierte Landwirtschaft und der Einsatz von Pestiziden verantwortlich gemacht.

Wer den Schmetterlingen helfen will zu überleben, kann auch im eigenen Garten eine Menge tun. Ein Schmetterlingsflieder genügt da nicht. Zwar naschen Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Admiral gern den süßen Nektar, den der Zierstrauch mit seinen violetten oder weißen Blüten anbietet. Doch die Raupen dieser Tagfalter brauchen deftigere Kost – etwa die Blätter der Großen Brennnessel. Insgesamt rund 50 Schmetterlingsarten lassen sich in ihrem Larvenstadium die Brennnessel schmecken, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Admiral sind ganz auf sie angewiesen.

Man sollte also beides in seinem Garten anbieten: Nektarpflanzen für die Falter und Futterpflanzen für die Raupen. Es muss ja nicht nur die Brennnessel sein: Schwalbenschwänze etwa legen ihre Eier einzeln an Doldenblütlern wie der Wilden Möhre, aber auch an Fenchel, Kümmel, Dill und Möhre ab. So geht nicht gleich die ganze Kulturpflanze zugrunde, wenn die hübsche Raupe daran nagt.

In ihrem Buch „Mein Schmetterlingsgarten“ gibt Biologin Elke Schwarzer weitere Tipps zur Gartengestaltung für Schmetterlinge: Wärmeinseln wie Trockenmauern einrichten, nicht spritzen, nicht düngen, eine Hecke aus heimischen Sträuchern als Windschutz pflanzen. Helfen kann auch, Reisighaufen zum Verstecken anzulegen und das Laub im Herbst auf den Beeten liegen zu lassen.
Auch in Kübeln und Balkonkästen freuen sich Schmetterlinge über Blumen wie die violett blühende Kornrade, ein giftiges Ackerbeikraut, das mit gutem Grund von den Getreidefeldern verbannt wurde, aber den Schmetterlingen fehlt. Optimal ist nach Schwarzers Ansicht eine Blumenwiese statt eines sterilen Rasens. Die „Königsdisziplin“ nennt sie das.

Rainer Ulrich, Schmetterlingsexperte beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), schlägt eine „Schmetterlingsspirale“ als Zierelement vor, ähnlich einer Kräuterspirale. Nur eben sollte sie mit Raupen- und Nektarpflanzen bestückt werden: mit Thymian, Oregano, Rotklee und als Krönung ganz oben mit dem „Natternkopf“, wegen seiner blauen Blüten auch „Blauer Heinrich“ genannt.
Denn Falter lieben blaue, rote und violette Blüten: Glattblatt- und Rauhblatt-Astern, Blaunessel, Wiesenflockenblume, Lavendel, Wiesensalbei, Karthäusernelke, Tauben-Skabiose, Blutweiderich und Gewöhnlicher Wasser­dost. Aber Falter wie Kaisermantel, Tagpfauenauge, Distelfalter und Kleiner Fuchs fliegen auch auf den gelb blühenden Echten Alant.

Die wichtige Voraussetzung für ein Schmetterlingsparadies ist natürlich: Die nimmersatten Raupen in Ruhe fressen lassen.

Buchtipps: Elke Schwarzer: Mein Schmetterlingsgarten. Ulmer Verlag, 128 Seiten, 16,95 Euro. Rainer Ulrich: Schmetterlinge entdecken und verstehen. Kosmos Verlag, 176 Seiten, 19,99 Euro.