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Bremer Gewaltschutzambulanz zieht erste Bilanz

Mehr als 90 Frauen und Männer haben bereits die Bremer Gewaltschutzambulanz aufgesucht, um Verletzungen nach Gewaltdelikten rechtsmedizinisch dokumentieren zu lassen. Seit einem halben Jahr sichert die Ambulanz im Klinikum Bremen-Mitte Beweise auf Wunsch auch vertraulich für etwaige straf- oder zivilrechtlichen Prozesse, wie das Bremer Gesundheitsressort am Montag mitteilte. „Das sind mehr, als wir erwartet hatten“, sagte die ärztliche Leiterin der Gewaltschutzambulanz, Saskia Etzold.

Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Claudia Bernhard (Linke) betonte, wie wichtig die Einrichtung sei: Seit Jahren verzeichne das Land steigende Fallzahlen bei häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt. „Den Betroffenen eine Spurensicherung und Dokumentation von Verletzungen zu ermöglichen, schnell Zugang zum Hilfesystem und zu Beratungen zu verschaffen und die Arbeit der Strafverfolgung zu erleichtern, ist zwingend notwendig.“

In der Gewaltschutzambulanz werden Verletzungen schriftlich und fotografisch dokumentiert, um sie für einen Prozess vor Gericht zu sichern. Das ist auch vertraulich, also ohne eine Anzeige möglich. Die Dokumentationen werden bis zu zehn Jahren aufbewahrt, sodass sich das Opfer erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Anzeige entscheiden kann.

Betroffene können sich in der Zentralen Notaufnahme melden und werden dann in geschützten Räumlichkeiten gebracht. „Viele Frauen erzählen hier zum ersten Mal ihre Geschichte“, berichtete Fallmananagerin Ramona Rohlwing. Doch auch Männer hätten bereits Verletzungen dokumentieren lassen. Rechtsmedizinische Untersuchungen habe es für Betroffene unterschiedlichsten Alters gegeben – von wenigen Wochen bis zum 65. Lebensjahr.

Das Projekt ist laut Gesundheitsressort die größte Maßnahme des Bremer Landesaktionsplans „Istanbul-Konvention umsetzen – Frauen und Kinder vor Gewalt schützen“. Für die Aufbauphase bis 2026 stünden 1,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, den Deutschland bereits 2017 ratifiziert hat.