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“Blutholz”- Krimi über illegalen Holzschlag in Rumänien

Ex-Zielfahnder Hannes Schüssler kehrt zurück ins rumänische Kronstadt in seiner alten Heimat Siebenbürgen: Dort soll er im Fall eines verschwundenen Managers ermitteln, der für eine deutsche Holzfirma tätig war.

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

Ein früherer Soldat (Joachim Krol), der zum arbeitslosen Alkoholiker herabgesunken ist, kehrt als privater Ermittler in seine Heimat nach Siebenbürgen zurück. Der Manager einer deutschen Holzfirma, die ganze Wälder in Rumänien abholzen lässt, ist verschwunden. Der mit seiner traumatischen Vergangenheit kämpfende Detektiv stößt auf den offenen Hass der Einheimischen gegen die Firma, auf Korruption und Bekannte von früher.

Zudem wird der Protagonist von seiner traumatischen Vergangenheit eingeholt: Beim Schmuggel illegaler Westwaren war er einst selbst in rumänische Haft geraten, dann aber von der Bundesrepublik freigekauft worden. Die Hintergründe sind ihm bis heute unklar.

Bei seinen Ermittlungen stößt er auf Widerstände und wird massiv bedroht. Er trifft seine alte Jugendliebe (Desiree Nosbusch) wieder, die für das Bürgermeisteramt von Kronstadt kandidiert. Außerdem scheint die Holzfirma des entführten Managers in dunkle Machenschaften verwickelt zu sein, egal ob es um einen Erdrutsch infolge illegaler Abholzungen in den Karpaten geht, um ein verschüttetes Roma-Dorf oder die dubiose Rückübertragung der Eigentumsrechte von einst staatlich annektierten Gebieten.

Inmitten eines Strudels aus Veruntreuung, Gewalt und den Intrigen einer skrupellos agierenden Holzmafia muss er sich auch noch von eigenen Illusionen verabschieden.

Ein düsterer Krimi von Torsten C. Fischer, der mit sicherer Hand für eine melancholische Stimmung inszeniert ist und kritische Töne gegen die realen Missstände anschlägt. Auch darstellerisch wird die bedrückende Geschichte hervorragend vermittelt.

Tot ist nicht gleich tot. Hier, mitten in Transsilvanien, stehen die Toten gerne auch mal wieder aus ihren Gräbern auf und bestimmen als Untote das Geschehen unter den Lebenden. Nein, die Rede ist nicht von Vampiren mit bleicher Haut und spitzen Eckzähnen. Im Krimi “Blutholz” geht es vielmehr um die Geister einer unbewältigten Vergangenheit. Aber auch um Korruption, Betrug, Verrat, Profitgier und die damit einhergehenden menschlichen Kollateralschäden, die sich gewissermaßen posthum rächen.

Transsilvanien steht im Deutschen für die Region Siebenbürgen; es ist nicht nur die Heimat des berüchtigten Graf Dracula, sondern auch die rumänische Region, in der sich seit dem 12. Jahrhundert viele gebürtige Deutsche ansiedelten, die “Siebenbürger Sachsen”.

Hans Schüssler (Joachim Krol) ist einer von ihnen. Als Jugendlicher wurde er beim Schmuggeln von Westware erwischt, geriet in die Fänge des Ceausescu-Regimes – und wurde von der BRD freigekauft. Nun kehrt der abgehalfterte Ex-Zielfahnder nach Rumänien zurück; er soll im Auftrag der deutschen Holzfirma Sasse einen spurlos verschwundenen Manager finden.

Zunächst aber trifft er in der alten Heimat auf seine Jugendliebe, die Staatsanwältin Silvia (Desiree Nosbusch), die sich gerade als Bürgermeisterin von Kronstadt bewirbt. Bei Hans kommen alte Erinnerungen hoch, an glückliche Zeiten, aber auch die brutale Folter nach der Festnahme. Und an den Dritten im einstigen Freundes-Bund – Christian, der, anders als Hans, nie freikam aus der Haft des Regimes.

Bei seiner Suche nach dem verschwundenen Jens Baumann wird Hans bedroht und trifft auf Ungereimtheiten: Da ist etwa der Erdrutsch, der kurz zuvor eine Roma-Siedlung verschüttete und eine Großmutter und zwei Kinder unter sich begrub. Die Dorfbewohner sollen den Berg durch illegalen Holzschlag destabilisiert haben. Oder ist das Unglück auf den Bau der neuen Straße – ein EU-Projekt – zurückzuführen, die mitten durch das Waldgebiet oberhalb des Dorfes führt? Welche Rolle spielt die Anwältin Katja Schöne (Alina Levshin), die ebenfalls an der Klärung des Falls arbeitet, einen engen Draht zu Sasse junior zu pflegen scheint und Hans offensichtlich misstraut?

Was ist mit der Frau des verschwundenen Managers (Anja Schneider), die sich anders als ihr Mann für den Schutz des Waldes, nicht dessen Ausbeutung stark machte? Und wer ist dieser Rednic (Geo Dobre), der seine Finger in jedem Geschäft rund um Kronstadt zu haben scheint?

Dass Krol die Rolle des Hans Schüssler gereizt hat, ist nachvollziehbar; gerade weil sie seinem gängigen Besetzungsschema so zuwiderläuft. Es ist eine Action-Figur, wie sie etwa Heino Ferch gerne spielt im deutschen TV: der leicht abgerissene, wortkarge Einzelkämpfer in Jeans und Lederjacke, mit undurchsichtiger Vergangenheit, Alkoholproblem und zynischer Grundhaltung. Auf den ersten Blick ein Anti-Held, und vielleicht auch noch auf den zweiten – spätestens beim dritten Hinschauen aber entfalten sich seine Qualitäten.

Es sind viele Themen, die “Blutholz” anschneidet: Klimawandel, Schutz der Wälder, EU, Korruption, Folter, Alkoholismus, Posttraumatische Belastungsstörung, die Rückabwicklung der sozialistischen Zwangskollektivierungen, die Leichen im Keller des einstigen Geheimdienstes Securitate, die Korrumpierung der privaten Beziehungen durch den Bespitzelungsstaat, die Geschichte der siebenbürgischen Bevölkerungsgruppe und deren Konflikte mit den Rumänen, die Marginalisierung der Sinti und Roma.

Das sind ein paar Aspekte zu viel; dennoch nötigt es Respekt ab, wie es den Autoren Alexander Buresch und Torsten C. Fischer (der zudem Regie führte) gelingt, all das in ihre Story zu packen, ohne dass diese heillos überfrachtet wäre. Klar, ein wenig zulasten der Figurenzeichnung und der Atmosphäre geht die Themenfülle schon, und für eine eigene inszenatorische Handschrift bleibt so auch weniger Raum. Alles in allem ist “Blutholz” ein zwar konventioneller, dabei aber gut funktionierender Krimi geworden, angesiedelt in einem (kultur-)historisch wie landschaftlich reizvollen Setting.