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BLLV beklagt Sprachstandserhebungen als “Bürokratiemonster”

Massig Überstunden, viel Briefporto, verunsicherte Eltern und Kinder: Die in diesem Frühjahr erstmals durchgeführten Sprachstandserhebungen für angehende Schulkinder haben sich laut dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) als „Bürokratiemonster“ erwiesen. Gute Deutschkenntnisse seien zwar die zentrale Kompetenz für Bildungsgerechtigkeit, sagte BLLV-Präsidentin Sabine Fleischmann am Montag bei einer Pressekonferenz. Sie stelle aber die Art und Weise der Sprachstandserhebung, die sie als „Schnellschuss“ bezeichnete, infrage. Das Kultusministerium müsse hier dringend nachbessern.

Das „Gesetz zur Einführung und Durchsetzung verbindlicher Sprachstandserhebungen und Sprachfördermaßnahmen vor der Einschulung“ war im vergangenen Dezember in Kraft getreten. Es sieht vor, dass eineinhalb Jahre vor ihrer Einschulung alle Kinder in Bayern ihre Deutschkenntnisse nachweisen müssen. Dazu werden alle betroffenen Eltern auf dem Postweg angeschrieben. Kindergartenkinder, die keinen Deutsch-Förderbedarf haben, bekommen von ihrer Kita einen entsprechenden Nachweis ausgestellt. Alle anderen müssen im Frühjahr in der für sie zuständigen Grundschule einen Deutschtest machen.

Wird bei einem Kind ein Förderbedarf festgestellt, muss es im Kindergarten einen speziellen Deutsch-Vorkurs besuchen. BLLV-Präsidentin Fleischmann benannte gleich an diesem Punkt ungeklärte Fragen: Wie sollen die Vorkurse angesichts Personalmangels gestemmt werden, und was passiert mit Kindern mit Förderbedarf, die keinen Kindergartenplatz bekommen? Um den bürokratischen Prozess zu entschlacken, forderte sie, die Kindergärten ins Boot zu holen: Diese wüssten am besten über den Sprachstand der Kinder Bescheid und könnten gezielt Förderbedarf anmelden.

Fleischmann gab auch zu bedenken, dass die erste Begegnung mit der Schule ein positives Erlebnis sein sollte. Ein verpflichtender Sprachtest führe den Kindern aber ihre Defizite vor Augen. Viele Eltern und Kinder seien verunsichert und ängstlich gewesen. Lehrkräfte, die die Sprachtests begleiteten, beklagten in einer BLLV-Umfrage viele nicht anerkannte Überstunden und zusätzliche Verwaltungsarbeit, wenn Eltern und Kinder zum vereinbarten Termin nicht erschienen.

Verwaltungskräfte, die die Schreiben an die Eltern verschickten, kritisierten bei der Pressekonferenz ebenfalls einen hohen Arbeitsaufwand, unter anderem weil sie die Briefe auf dem Postweg verschicken mussten. Außerdem hätten sie ständig mit Rückfragen zu kämpfen, weil viele Eltern die Briefe im Juristendeutsch nicht verstanden hätten, beklagte eine Verwaltungskraft. Für künftige Sprachstandserhebungen brauche es einen größeren Zeitrahmen, verständliche Anschreiben an die Eltern, außerdem müsse der Prozess digitalisiert werden, forderte Fleischmann. Laut Hochrechnungen haben rund ein Drittel der getesteten Kinder einen Deutsch-Förderbedarf. (1198/07.04.2025)