Aus Sicht des Hildesheimer Bischofs Heiner Wilmer hat sich die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland verschlechtert. Bei vielen Bürgern lägen die Nerven blank, sagte der katholische Theologe der „Hannoverschen Allgmeinen Zeitung“ (HAZ/Donnerstag). „Viele Menschen sind gereizter als früher und leichter empört.“ In politischen Debatten, aber auch im Alltag sei die Bereitschaft geschwunden, zuzuhören und auch die andere Seite zu sehen. „Die Frustrationstoleranz sinkt.“
Er selbst bekomme „regelrechte Hassmails, die ich teils auch an die Staatsanwaltschaft weiterleite“, sagte Wilmer weiter. Im öffentlichen Raum und besonders in den sozialen Medien sei es oft nur ein kurzer Weg von der Empörung zum Hass. Das Aggressionspotenzial steige und viele Menschen neigten zu einem schnellen Urteil. „Wir bräuchten das, was der heilige Ignatius von Loyola die ‘Unterscheidung der Geister’ genannt hat – die Bereitschaft, genau hinzuschauen, Graustufen zu sehen und nicht nur schwarz-weiß zu denken.“