Betroffenenvertreter von sexueller Gewalt haben Konsequenzen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eingefordert. Bei der Vorstellung der “Forum”-Studie am Donnerstag in Hannover würdigten Katharina Kracht und Detlef Zander die Bedeutung der Beteiligung von Betroffenen an Aufdeckung und Aufarbeitung von sexueller Gewalt. Nun liege es an der EKD, verbindliche Standards in den Landeskirchen durchzusetzen.
Zander betonte, dass durch den Umgang der evangelischen Landeskirchen mit Betroffenen immer noch Menschen retraumatisiert würden. Nun müssten EKD und die Diakonie Verantwortung übernehmen. “Wer jetzt den Schuss noch nicht gehört hat, der muss sich fragen, ob er am rechten Platz ist”, sagte Zander, der als Kind und Jugendlicher in einem evangelischen Heim missbraucht wurde.
Der Föderalismus in der Struktur der evangelischen Kirche sei ein “Grundpfeiler für sexuelle Gewalt”, betonte der Betroffenensprecher weiter. Dadurch würden Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt verhindert. Man brauche eine übergeordnete Stelle mit Durchgriffsrechten. “Es kann nicht sein, dass jede Landeskirche machen kann, was sie möchte.”
Kracht, die als Beirat des Forschungsverbundes mitgewirkt hat, lobte die Einbindung von Betroffenen bei der Erstellung der Studie. Sie hob hervor, dass das Narrativ, die katholische Kirche sein stärker von sexuellem Missbrauch betroffen als die EKD, nicht mehr haltbar sei. Dennoch sei die “Forum”-Studie nicht nur an den Zahlen zu messen, deren Erhebung bereits im Vorfeld kritisch beurteilt worden war. Zahlen und Daten der Kirche seien jedoch nicht wichtiger als die Betroffenen.
Kracht kritisierte, dass zu schnell von Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs die Rede sei. Dabei fehle es an Kompetenz und gegebenenfalls auch Interesse. Die EKD hätte längst Handreichungen erstellen können, um Landeskirchen zu Nachforschungen anzuhalten. “Wenn solche Nachforschungen nicht angestellt werden, bleiben Täter im Dunkeln.”
Darüber hinaus bräuchten Betroffene das “Recht auf Aufarbeitung”. Es könne nicht sein, dass sie selber die Aufarbeitung in die Hand nehmen müssten. Daher forderte Kracht, die nach eigenen Angaben von einem verheirateten Pfarrer als Jugendliche missbraucht wurde, eine Mitwirkung des Staates und externe Betroffenenbeteiligung.