Predigttext
1 Als Mitarbeiter aber ermahnen wir euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfangt. 2 Denn er spricht (Jesaja 49,8): „Ich habe dich zur willkommenen Zeit erhört und habe dir am Tage des Heils geholfen.“ Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils! 3 Und wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit dieser Dienst nicht verlästert werde; 4 sondern in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Bedrängnissen, in Nöten, in Ängsten, 5 in Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Mühen, im Wachen, im Fasten, 6 in Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungefärbter Liebe, 7 in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken, 8 in Ehre und Schande; in bösen Gerüchten und guten Gerüchten, als Verführer und doch wahrhaftig; 9 als die Unbekannten und doch bekannt; als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten und doch nicht getötet; 10 als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben und doch alles haben.
So viele Menschen mit Schürzen! Das ist das erste, was mir auffällt, als wir die Apostelkirche betreten. „Zwei Wochen gemeinsam Mittagessen!“ So hat die Gemeinde am zentralen Marktplatz in Gütersloh für ihre „Vesperkirche“ geworben. Wir sind neugierig. Damit sind wir nicht alleine. Eine Frau sagt uns später am Tisch: „Ich dachte ja erst, das ist nur für Bedürftige. Ich wollte denen ja nichts wegessen. Aber dann habe ich gelesen, dass alle kommen dürfen – und sogar sollen!“
Und nun begrüßt uns ein freundlicher Mann mit einer langen roten Schürze. Jeden und jede persönlich. „Herzlich willkommen!“ „Sie werden am Tisch bedient“, sagt er lächelnd, als ich – wie automatisch – Richtung Essensausgabe steuere. „Es kommt jemand zu Ihnen.“
Wir schauen uns um: Wie hat sich diese Kirche verändert! Ich liebe die Kirche als Ort der Stille, aber das mag ich auch: Ein fröhliches Brummen aus Stimmen und Geschirr durchzieht den Raum. Die andere Seite der Kirche eben, wie sie es auch schon in Korinth, einer der ersten christlichen Gemeinden, gab. Und wie dort, sitzen auch hier Menschen zusammen, die sonst vermutlich wenig miteinander zu tun hätten. Ich frage den jungen Mann gegenüber: „Darf ich fragen, warum Sie herkommen?“ „Ich finde es gut, dass man hier angesprochen wird“, sagt er, „von mir aus traue ich mich nicht so, aber wenn ich angesprochen werde, ist das was anderes…“ Ein Mitarbeiter in Schürze setzt sich mit einer Tasse Kaffee zu uns. Ich kann sehen, wie der junge Mann aufblüht.
Wie viele Menschen in Schürzen ich sehe: Alte und Junge, und überraschend viele Männer! Mir fällt auf, dass niemand rennt. „Wir mussten uns erst klarmachen, dass es nicht darum geht, möglichst viele Leute in möglichst kurzer Zeit abzuspeisen“, erzählt später einer von ihnen: „Es geht ums Miteinander. Das soll man, finde ich, an uns merken.“
Und nun tritt einer an unseren Tisch: „Guten Tag! Wie geht’s? Was darf ich Ihnen bringen? Wir haben Kartoffelpüree. Vielleicht noch Fisch, aber da muss ich erst schauen. Sonst Rührei?“ Dann lacht er: „Mehr Auswahl gibt’s nicht. Schön einfach, nicht?!“ Die Tabletts sind klein. Jeden Teller holt er einzeln. „Werden Leute auch ungeduldig?“, fragen wir ihn, als er wieder auftaucht. „Ja, manchmal passiert das auch“, antwortet er ruhig, „aber ich ärgere mich darüber nicht. Manche können aus irgendeinem Grund ja nicht anders. Aber ich möchte freundlich bleiben. Das kann ich ja entscheiden, ne?“ Er sieht mich an und reicht mir den Teller: „Für Sie!“
Die Menschen mit Schürze haben es mir angetan. Wenn Paulus von den „Dienern Gottes“ schreibt, dann sehe ich sie vor mir. Diakonoi, wie Paulus sie nennt, sind im Neuen Testament auch tatsächlich in erster Linie die, die bei Tisch dienen. In ihrem Tischdienst hat alles diakonische Engagement unserer Kirche seinen Ursprung. Die Menschen mit Schürze treten in ihre Fußstapfen. Sie heißen Menschen willkommen, sie „achten darauf, dass unser Dienst nicht in Verruf gerät“, sie „erweisen sich in allem als Diener Gottes: in großer Geduld…, in Mühen,… in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungefärbter Liebe, in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, …als die Unbekannten und doch bekannt, als die Traurigen, aber allezeit fröhlich, als die Armen, aber die doch viele reiche machen…“ Sie sagen: „Jetzt ist die Zeit der Gnade!“
Vielleicht wissen sie es gar nicht: Aber die Menschen mit der Schürze folgen dem, der angekündigt hat, sich am Ende der Tage noch einmal selbst die Schürze umzubinden. Dann wird er die bedienen, die sonst immer andere bedienen mussten.