Der Zustand der Süßwasserfische und sogenannten Neunaugen hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Das zeigt die Rote Liste, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Rote-Liste-Zentrum (RLZ) am Donnerstag in Bonn veröffentlicht haben. Ursache dafür waren demnach vor allem menschliche Eingriffe wie etwa der Ausbau und die Regulierung von Gewässern. Darüber hinaus wirkten sich Dürresommer und höhere Gewässertemperaturen auf die Fische und Neunaugen aus.
So sind demnach mehr als die Hälfte der 90 untersuchten Süßwasserfisch- und Neunaugen-Arten bestandsgefährdet oder bereits ausgestorben. Während in der letzten Roten Liste von 2009 noch 22 Arten als bestandsgefährdet galten, sind es jetzt 38 Arten. Die Liste zeigt auch: Insgesamt elf Arten sind direkt vom Aussterben bedroht, darunter bekannte Arten wie der Lachs und das Meerneunauge. Weitere neun Arten – unter anderem der Europäische Stör – sind bereits ausgestorben oder verschollen. Überraschend sei zudem, dass etwa 30 Prozent der häufiger anzutreffenden Arten, beispielsweise die Brasse, eine negative Bestandsentwicklung in den vergangenen 20 Jahren aufweisen, hieß es.
„Es ist ein Warnzeichen, dass inzwischen auch bei den häufigeren Arten der Süßwasserfische eine schlechte Bestandsentwicklung festzustellen ist“, sagte BfN-Präsidentin Sabine Riewenherm. Die zwischenzeitige Erholung von Fischbeständen Ende des 20. Jahrhunderts hätte allerdings gezeigt, dass mit den richtigen Maßnahmen Erfolge für den Artenschutz erreicht werden könnten. Deshalb seien nun „weitere gezielte Anstrengungen für die Erhaltung der einheimischen Arten und die Renaturierung ihrer Lebensräume notwendig“.
Die Hauptgefährdungsursachen für Süßwasserfische und Neunaugen sind den Angaben zufolge oft Barrieren und Bauwerke, die unüberwindbare Wanderhindernisse für die Tiere darstellen. Die Gewässerregulierung und der -ausbau hätten ökologisch wertvolle Flachwasserbereiche an Ufer und in Auen zerstört und sowohl Verlauf als auch Fließgeschwindigkeit und Dynamik der Fließgewässer verändert, hieß es.
Zudem könnten die Folgen des fortschreitenden Klimawandels beobachtet werden. „Stark betroffen sind die zahlreichen hitzeempfindlichen Arten wie unsere einheimische Forelle, welche nun als gefährdet eingestuft werden musste“, erklärt der Hauptautor der Roten Liste und Wissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin, Jörg Freyhof. Veränderungen der Fischbestände gingen darüber hinaus mit der Verbreitung gebietsfremder und zum Teil invasiver Arten wie der Regenbogenforelle oder dem Sonnenbarsch einher. Neben der Konkurrenz um Nahrung und Lebensraum könnten diese gebietsfremden Arten auch Fischkrankheiten übertragen.
Erstellt haben die Rote Liste Fachleute des Museums für Naturkunde Berlin in Zusammenarbeit mit Experten des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung, des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei, des Rote-Liste-Zentrums sowie Vertretern aller Bundesländer.