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Ausstellung: 300 Jahre Französisch-Reformierte Gemeinde in Potsdam

Die Ausstellung „Esprit et Liberté – Geist und Freiheit“ läuft bis 5. November im Bouman-Haus Potsdam.

Kuratorin Susanne Marok in der Ausstellung vor einer Bildtafel
Kuratorin Susanne Marok in der Ausstellung vor einer BildtafelKlaus Büstrin

Die Französisch-Reformierte Gemeinde in Potsdam feiert das ganze Jahr über ihr 300-jähriges Jubiläum mit Gottesdiensten, Vorträgen und Konzerten. Obwohl mit dem 1685 in Kraft getretenen Edikt von Potsdam die Einwanderung von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich möglich war, kam es erst 38 Jahre später zur Gründung einer eigenen Kolonie und Gemeinde in Potsdam, im Jahr 1723.

Wechselvolle Geschichte

Als erster Pastor wirkte Thomas le Cointe. Er gehörte mit seinen Eltern zu den Hugenotten, die ihr Heimatland Frankreich wegen ihres evangelischen Bekenntnisses verlassen mussten. Die Gottesdienste fanden zunächst im Stadtschloss statt. König Friedrich II. ließ 1753 für die Gemeinde eine Kirche auf dem heutigen Bassinplatz bauen. Der Rundbau des Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zitiert das antike Pantheon in Rom und wurde von seinem Kollegen Jan Bouman ausgeführt. Im Bouman- Museum in Potsdams Holländischem Viertel ist eine Ausstellung mit dem Titel „Esprit et Liberté – Geist und Freiheit“ zu sehen. Kuratorin Susanne Marok, die zugleich Leiterin des Museums ist, erzählt mit Hilfe von Bildtafeln anhand von Persönlichkeiten die wechselvolle Geschichte der Hugenotten in Potsdam.

Der französische König Ludwig XIV. verfügte die Aufhebung des Ediktes von Nantes, das den Hugenotten im katholisch beherrschten Land Duldung gewährte. Eine groß angelegte Missionierungsaktion zugunsten der katholischen Kirche wurde 1685 gestartet. Über eine halbe Million französische Protestanten, meist Handwerker und Gewerbetreibende, hätten daraufhin ihr Heimatland verlassen, erzählt Susanne Marok.

Aufschwung für die Wirtschaft

Auf den Ruf des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der das Edikt von Potsdam initiierte, ließen sich mehr als 20000 Hugenotten in Berlin, Potsdam und Umgebung nieder. Der Kurfürst war selbst Calvinist. Er erhoffte sich durch die eingewanderten Flüchtlinge wirtschaftlichen Aufschwung. Die Hoffnung schien begründet: In der Ausstellung erfährt man etwa von Anne Marie Baral (1728–1805), die auf einer Maulbeer-Plantage Seidenraupen züchtete und deren Kokons zu Rohseide haspelte. Sie wurde eine der wichtigsten Produzentinnen im Seidenanbau in Preußen.

Die Malerin Suzette Henry (1763–1819) genoss in Potsdam Prominenten-Status. Die Tochter des bedeutenden Kupferstechers Daniel Chodowiecki war die Frau des zweiten Pastors der Kirchengemeinde, Jean Henry, der zugleich königlicher Bibliothekar war. Vor allem fanden ihre moralisierenden Gemälde mit dem Titel „Die gute und die schlechte Erziehung der Tochter“ Betrachter. Ihre Schwester Jeannette heiratete den Pfarrer Jacques Papin (1761–1818). Der Theologe nahm als Vertreter der Stadt Potsdam an den Friedensverhandlungen zwischen Preußen, Russland und Frankreich 1807 im ostpreußischen Tilsit teil.

Durch schwierige Zeiten

Erinnert wird auch an Wilhelm Sankt Paul, der Potsdams Geschicke als Oberbürgermeister von 1821 bis 1844 leitete, an Gustave Adolphe Briet (1822–1905), der eine Kleinkinderschule gründete, an den Pastor Eduard Friedrich Joseph Chambon (1884–1965), der als Gegner des nationalsozialistischen Regimes Mitglied der Bekennenden Kirche war. Die Pfarrer Karl Manoury (1894–1966) und Günter Rutenborn (1912–1976) haben ihre Gemeinden durch schwierige Zeiten auch nach dem Zweiten Weltkrieg geführt.

Ihre schriftstellerischen Arbeiten waren hochgeachtet. So verfasste Manoury zwei Bände über die Hugenotten-Geschichte Berlins und Potsdams. Rutenborns Theaterstücke hatten auf Theaterbühnen Erfolg. Auch Hildegard Rugenstein, die 38 Jahre lang Pastorin in der Französisch-Reformierten Gemeinde war, ist in der Ausstellung eine Tafel gewidmet. Die Theologin hat die Gemeinde mit vielen Impulsen und Ideen in unsere Zeit hineingeführt. Seit 2021 ist sie Pfarrerin auf der Hallig Hooge in der Nordsee.

Strukturelle Änderungen erforderlich

In der zum Jubiläum erschienenen Festschrift wird angedeutet, dass eine Fusion der Potsdamer mit der Berliner Französisch-Reformierten Gemeinde am Gendarmenmarkt nicht ausgeschlossen ist.

Dazu sagt Ina Holz, Mitglied im Presbyterium der Potsdamer Französisch-Reformierten Gemeinde: „Unsere relativ kleine Gemeinde mit 130 Mitgliedern und die damit verbundenen finanziellen Zwänge machen strukturelle Änderungen erforderlich.“

Von Berlin aus werde man geistlich versorgt, doch die ehrenamtliche Organisation der Gottesdienste und Veranstaltungen besäßen große Ausstrahlung auf Potsdam und das Umland. Übrigens sollte sich bereits 1927 die Potsdamer mit der Berliner Gemeinde zusammenschließen, erinnert Ina Holz. „Aus unbekannten Gründen ist dies jedoch nicht gelungen.“

Die Ausstellung „Esprit et Liberté – Geist und Freiheit. 300 Jahre Französisch-Reformierte Gemeinde Potsdam“ läuft bis 5. November im Bouman-Haus Potsdam, Mittelstraße 8.

Am Sonntag, 9. Juli, 14 Uhr, findet der Festgottesdienst zur Gründung der Gemeinde am 11. Juli 1723 mit anschließendem Fest im Gemeinde­garten statt. Einen weiteren Fest­gottesdienst gibt es am Samstag, 23. September. Alle Veranstaltungen – bis auf die Ausstellung im Bouman-Haus – finden in der Französisch-Reformierten Kirche Potsdam, Gutenbergstraße 77, statt. Das Jubiläumsprogramm unter: www.reformiert-potsdam.de/FlyerJubila%CC%88um.pdf