Wer trägt die Verantwortung für 30.000 Ermordete in dem südpazifischen Inselstaat? Das wollen internationale Strafverfolger aufklären. Das katholische Hilfswerk missio München sieht die Blockade durch Manila bröckeln.
Dem “Antidrogenkrieg” auf den Philippinen unter Präsident Rodrigo Duterte (2016-2022) fielen schätzungsweise 30.000 Menschen zum Opfer. Nun kann offenbar die juristische Aufarbeitung beginnen. Das internationale katholische Hilfswerk missio München sprach am Montag von einem “guten Zeichen” und “ersten Schritten, die dringend nötig sind”.
Die missio-Auslandsreferentin Stephanie Schüller sagte: “Bisher hat sich die neue Regierung unter Ferdinand Marcos Jr. öffentlich stets gegen eine Untersuchung durch den Internationalen Strafgerichtshof gewehrt.” Vergangene Woche habe Generalstaatsanwalt Menardo Guevarra aber eine offizielle Anfrage aus Den Haag bestätigt, dass fünf hochrangige Polizeikräfte befragt werden sollten. Die Regierung werde die Befragungen nicht aktiv unterstützen, könne sie aber auch nicht verhindern. Voraussetzung dafür sei, dass die Personen, die befragt werden sollten, damit einverstanden seien.
Nach Schüllers Darstellung ist einer der fünf Verdächtigen heute ein Senator, Ronald “Bato” de la Rosa. Dieser habe betont, dass er für eine Befragung durch den Strafgerichtshof zur Verfügung stehe. “De la Rosa hat nie einen Hehl aus seiner Beteiligung am ‘Drogenkrieg’ gemacht, er bestreitet jedoch, direkt von Präsident Duterte beauftragt gewesen zu sein”, so die missio-Expertin.
Die Philippinen haben sich während Dutertes Amtszeit aus dem Internationalen Strafgerichtshof zurückgezogen. Sie sind aber weiterhin Mitglied bei Interpol. “Sollte also Den Haag in dieser Sache mit Interpol zusammenarbeiten, müssten die Philippinen auch hier in irgendeiner Form kooperieren”, erläuterte Schüller.
Marcos Jr. hat nach Schüllers Angaben den Einsatz von Killerkommandos gegen mutmaßliche Drogenkonsumenten und das Klima der Angst unter seinem Vorgänger nie offiziell kritisiert. “Wir wissen von unseren Projektpartnern: Die Tötungen sind unter seiner Präsidentschaft weniger geworden, aber sie finden noch statt.”
Der Kampf gegen die Drogen sei in Wirklichkeit ein Kampf gegen die Armen gewesen. “In den Armenvierteln konnte niemand sicher sein, dass nicht eines Morgens an der Tür geklopft wird”, so Schüller. Polizeikräfte und Wachpersonal hätten regelrechte Todeslisten geführt.