Hamburg. Der erste Stapel Postkarten ist bereits verkauft. Gerade erst hat Anne von Karstedt, Werkstätten-Leiterin im Museum der Arbeit, neue geholt, um den Ständer im Museumsladen wieder aufzufüllen. Neun verschiedene Motive gibt es dort, alle mit Zitaten zur Arbeit. Wer sie kauft, unterstützt die Arbeit des Straßenmagazins Hinz&Kunzt.
Anlässlich des 25. Geburtstags des Magazins hat ein Team um die Werkstattleiterin von Karstedt und die Lektorin Astrid Froese ein Projekt umgesetzt: Postkarten mit Zitaten, die zum Nachdenken anregen sollen und gleichzeitig etwas Gutes bewirken. Es geht um Arbeit, weil auch das Straßenmagazin Menschen Arbeit gibt, die sonst keine hätten.
Froese sammelt schon lange Zitate und liebt schön geschrieben Worte; von Karstedt brachte die praktische Erfahrung mit, sie gibt sonst Workshops von Buchbinden bis Radierung.
Vorbereitung dauerte sechs Monate
Der cremeweiße Karton ist fest. Wenn man über die Oberfläche streift, kann man unter den Fingerspitzen spüren, wo die Buchstaben hineingepresst wurden. Das schafft nur eine richtige Druckerpresse. In diesem Fall war es die historische „Heidelberger Tiegel“, die ein Stockwerk höher im Museum steht. Doch bis die Karten überhaupt in die Maschine gelegt werden konnten, musste viel Arbeit investiert werden – Handarbeit und Kopfarbeit.
Die Vorbereitung dauerte mehr als ein halbes Jahr. Froese und von Karstedt sichteten um die 150 Zitate. Einige zog Froese aus ihrer privaten Sammlung, andere fand sie im Internet. Die endgültige Auswahl zu treffen, war schwierig. „Es gibt Zitate, die beim Lesen begeistern, aber allein nicht wirken“, sagt Froese. Außerdem war ihnen die Mischung wichtig. Sie wollten nicht nur Gute-Laune-Sprüche drucken, trotzdem sollten sich die Zitate auf Postkarten gut machen. Und man musste sie kostenlos verwenden dürfen.
Faszinierende Erfahrung
Neun Zitate schafften es in die letzte Runde, von Sören Kierkegaard bis zu einem Auszug aus der Erklärung der Menschenrechte. Von Erich Kästner ist das Zitat „Wer liefert Sonne in Konserven?“ dabei, Peter Rühmkorf wird mit den Worten zitiert „Zu wahr, um schön zu sein: auch der Feingeist muss fressen.“
Auf Papier gebracht wurden die Worte in den Werkstätten des Museums. Froese, von Karstedt, ein Hinz&Kunzt-Verkäufer, die Leiterin des Museumsshop in der Kunsthalle, Meike Cattarius, Gabi Koch vom Hinz&Kunzt-Spendenmarketing und zwei Schriftsetzer entwarfen sie gemeinsam. Von Karstedt und ihre zwei Drucker sind Profis, alle anderen standen zum ersten Mal vor den Schränken voller Buchstaben und den wuchtigen Druckerpressen.
Für Froese war es „eine ganz faszinierende Erfahrung.“ Ganz anders als am Computer, an dem man Tausende Möglichkeiten mit einem Klick ausprobieren und wieder verwerfen kann, muss man in den Werkstätten des Museums jeden Satz Buchstaben für Buchstaben per Hand setzen.
Motive auf Japan-Karton
Das Team musste sich für Schriftart und Größe entscheiden und ausprobieren, ob sich ihre Idee umsetzen ließ. „Manchmal mussten wir feststellen: Das schöne M haben wir gar nicht“, so von Karstedt, „oder ‚In dieser Schriftart haben wir nicht genug ‚e‘s‘.“
Für einen Ausspruch des Berliner Malers Heinrich Zille wählte die Gruppe leicht verzierte Buchstaben, die in dem Zitat von Goethe sind so klar wie seine Forderung: „Beginne jetzt.“
Als die Sätze standen, begann das Team mit dem Drucken. Entstanden ist eine limitierte Auflage von je 500 Karten pro Motiv auf 400-Gramm-Japankarton. Farbe und Druck hat das Museum der Arbeit gespendet. Die 1,50 Euro, die jede Karte kostet, gehen an Hinz&Kunzt. „Wer sie haben möchte, sollte nicht zu lange warten“, sagt Froese.
Info
Die Postkarten werden im Museum der Arbeit, in der Kunsthalle, im Bucerius Kunst Forum, im Museum für hamburgische Geschichte, im Altonaer Museum sowie über ArtLit vertrieben: https://artlit.de/arbeit.