„Zu Tod arbeiten ist die Tagesordnung, nicht nur in den Werkstätten der Putzmacherin, sondern an tausend Stellen“, heißt es in einer Situationsbeschreibung der Produktionsbedingungen des späten 19. Jahrhunderts, die an Eindringlichkeit nichts verloren hat. Vor genau 150 Jahren, am 11. September 1867, erschien in einem Hamburger Verlag der erste Band von Karl Marx' bedeutendstem Werk „Das Kapital“. Es gab nicht nur namenlose Opfer wie Mary Anne Walkley ein Gesicht, sondern wurde zu einem der einflussreichsten Bücher der Neuzeit.
Geschrieben wurde es in London, dem langjährigen Lebensmittelpunkt der Familie Marx, die dort mit wenig Kapital auskommen musste. Nachdem Marx als kritischer Journalist die Entwicklung der Revolution von 1848/49 begleitet hatte, wurde er nach deren Scheitern aus Preußen ausgewiesen. Über Paris zog seine Familie schließlich nach London, wo er 1883 auch beigesetzt werden sollte.
Der politische Journalist schrieb weiterhin für Medien wie die New York Daily Tribune, er brachte sich auch in der internationalen Arbeiterbewegung ein, um die ersehnte proletarische Revolution zu beflügeln. Vor allem aber trieb Marx seine ökonomischen, historischen und philosophischen Studien weiter, entwickelte seine Analysen der kapitalistischen Produktionsweise und der herrschenden Verhältnisse.
In ihren Grundzügen geht die Marxsche ökonomische Theorie von einem Gegensatz zwischen Kapitalisten und Proletariern aus. Das Privateigentum an Produktionsmitteln liegt demnach in den Händen von Kapitalisten; die Arbeiter besitzen nur ihre Arbeitskraft, die sie an den Kapitalisten verkaufen. Weil ihr Arbeitslohn viel geringer als der Wert der Güter ist, die sie herstellen, erzielen die Fabrikanten einen Profit, den sogenannten Mehrwert. Nach der Theorie kommt es zu einer ständigen Konzentration des Kapitals bei den Wenigen, die Arbeiter verelenden hingegen.
Zeitlebens hoffte Marx vergebens darauf, dass die Proletarier einen Klassenkampf gegen die als Ausbeuter betrachteten Fabrikanten beginnen. Er träumte von einer klassenlosen Gesellschaft ohne Privateigentum an Produktionsmitteln. Erst im 20. Jahrhundert kam es zu mehr oder weniger marxistischen Formen des „real existierenden Sozialismus“. Mit dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums gerieten kommunistische Theorien zunächst ins Abseits; die Systemfrage schien entschieden.
Der 1867 erschienene erste Band von „Das Kapital“ war der einzige, der noch zu Lebzeiten des Autors erschienen ist. Erst nach seinem Tod bearbeitete sein Wegbegleiter Friedrich Engels seine Manuskripte und brachte den zweiten und dritten Band heraus. „Das Kapital“ wirkt bis heute nach – und der erste Band zählt seit 2013 zum Weltdokumentenerbe der Unesco. KNA
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