Havixbeck/Münster (epd). Die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) blieb ihrer Heimat zeitlebends treu. Die Tochter einer alten westfälischen Adelsfamilie wurde auf Burg Hülshoff in Havixbeck bei Münster geboren. Nach dem Tod des Vaters, zog sie mit Mutter und Schwester in das etwa sieben Kilometer entfernte Haus Rüschhaus, besuchte aber regelmäßig ihren Bruder, der auf der malerisch gelegenen Wasserburg geblieben war. In einem Brief an den Freund und Schriftsteller Levin Schücking (1814-1883) schrieb sie 1842: «Ich qualifiziere mich täglich mehr zur Schnelläuferin (sic), gehe ganz bequem in einem Tage nach Hülshoff oder Münster und zurück und setze alle außer Atem, die Schritt mit mir halten müssen.»
Die Strecke zwischen Burg Hülshoff und Haus Rüschhaus haben die Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung und das Center for Literature (CfL) in Havixbeck jetzt als Themenweg eingerichtet. «Droste-Landschaft : Lyrikweg» heißt das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung geförderte Projekt, das am Sonntag mit einem Familientag eröffnet wird.
Zusammen mit regionalen Partnern hat man 20 Stationen eingerichtet, die in der Art eines Outdoor-Museums den Wandel von Literatur, Natur und Alltagskultur durch die Jahrhunderte nachzeichnen und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft werfen.
Ausgewählte Texte der Dichterin Droste, deren Sittengemälde «Die Judenbuche» von 1824 bis heute zur Weltliteratur zählt, werden entlang der Route mit Werken zeitgenössischer Künstler in Beziehung gesetzt werden.
Insgesamt sind mehr als 50 Kulturschaffende aus dem In- und Ausland am Lyrikweg beteiligt, haben Texte, Bilder, Hörstücke und Filme entwickelt. So setzt sich etwa die deutsche Autorin Marion Poschmann in ihrem Text «Die Mergelgrenze» mit Annette von Droste-Hülshoffs Gedicht «Die Mergelgrube» von 1844 auseinander und
beleuchtet dabei die Landschaftsveränderung durch Eingriffe des Menschen. Die Präsentation kombiniert dabei analoge und digitale Welt: Das Gedicht von Droste sowie Hintergründe zur Entstehung des Textes und zum Ort sind auf Tafeln an Stelen in der Landschaft zu lesen, während Poschmanns Beitrag über einen QR-Code für Smartphones abrufbar ist. Die eigens dafür entwickelte App für iOS und Android gibt es kostenfrei in den App-Stores.
Die rund sieben Kilometer der Route können erwandert oder mit dem Rad abgefahren werden. Der Lyrikweg führt teils auf Schotterwegen durch die münsterländische Landschaft. Wiesen, Felder und kleine Wäldchen säumen den Weg, an einer Stelle überquert er die Aa, die hier noch eher Bach als Fluss ist. Etwa auf halbem Weg zwischen Burg Hülshoff und Haus Rüschhaus steht auf einer Lichtung der «Annettestein». An diesem Routen-Punkt haben sich der US-amerikanische Autor Shane Anderson und der Musiker Hendrik Weber aka Pantha du Prince mit Drostes zentralen Themen Abschied und Wandel beschäftigt. Der Zugang zu dem atmosphärischen Hörstück erfolgt auch über die App.
Ebenfalls via Smartphone in die Landschaft eintauchen kann man bei der Hörspielmacherin Antje Vowinckel und ihrem Audiowalk «mpdroste high mud beat». Ausgestattet mit Headsets, Mikrofonen und Aufnahmegeräten, ist sie vorab mit anderen Künstlerinnen und Künstlern den Weg entlang gewandert. Dabei haben alle Beteiligten ununterbrochen gesprochen und auf Sounds aus der Umgebung und auf die Klänge in ihren Kopfhörern reagiert. Entstanden ist ein Hörspiel, in dem dann alle Stimmen wieder aufeinandertreffen.