Predigttext
1 (…) Mose trieb die Tiere durch die Wüste hindurch, so kam er an den Gottesberg Horeb. 2 Da erschien ihm GOTTES Bote in einer Flamme mitten im Dorngebüsch. Er guckte: Der Dornstrauch brannte lichterloh, aber er verbrannte dabei nicht. 3 Mose dachte: „Da muss ich hin; ich will diese unglaubliche Erscheinung sehen! Warum verbrennt denn der Dornstrauch nicht?“ 4 GOTT sah, dass Mose herankam, um nachzuschauen. Darum rief die Gottheit ihn an, mitten aus dem Dornbusch: „Mose, Mose!“ Der erwiderte: „Ja, ich höre!“ (…) 7 GOTT sagte: „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten sehr wohl bemerkt. Ich habe gehört, wie sie vor ihren Peinigern aufschrien. Ich kenne ihre Schmerzen. (…) 9 Jetzt pass auf: Das Geschrei der Israeliten und Israelitinnen ist zu mir gedrungen. Ich habe auch gemerkt, wie sehr Ägypten sie geschunden hat. 10 Aber jetzt ist Schluss. Auf, ich schicke dich zu Pharao; du wirst mein Volk Israel aus Ägypten hinausführen.“ (…) 13 Mose sagte zu Gott: „Wenn ich aber zur Gemeinde Israel zurückkomme und ihnen sage: ,Die Gottheit eurer Vorfahren hat mich zu euch geschickt‘, dann werden sie fragen: ,Wie heißt sie?‘ Was soll ich ihnen da antworten?“ 14 Gott erwiderte Mose: „Ich bin da, weil ich da bin!“ Gott sagte: „Das sollst du den Israeliten mitteilen: ICH-BIN-DA hat mich zu euch geschickt.“
Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache
Im Kölner Dom gibt es zwei Fenster, die eine alte Tradition festhalten. Das eine Fenster zeigt die Berufung des Mose am brennenden Dornbusch. Daneben ist ein Bild der Krippe zu sehen, das Maria und das Kind im Vordergrund zeigt. Der Dornbusch, der brennt, ohne von den Flammen verbrannt zu werden, wurde lange als Sinnbild für die immerwährende Jungfräulichkeit Marias verstanden. Maria, die schwanger war und ihren ersten Sohn gebar, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren, ist wie der Dornbusch, der brennt, ohne zu verbrennen? Es ist nicht dieser Gedanke, der mich an den Fenstern hängen bleiben lässt.
Für mich wird etwas anderes im Nebeneinander der beiden Bilder deutlich: Die Geburt Jesu öffnet uns als Christinnen und Christen den Weg zu Israels Gott, zum Gott der Jüdinnen und Juden.
Im brennenden Dornbusch hat sich Gott Mose offenbart. Dort am brennenden Dornbusch erfährt Mose den Namen Gottes: ICH BIN DA. Gottes Name offenbart das Wesen Gottes. Gott ist da! Gott ist für uns da! Dort am brennenden Dornbusch bekennt Gott sich zu seinem Volk, dem Volk Israel. Für dieses Volk ist Gott da.
Dieses Dasein Gottes zeigt sich zunächst auf dem Weg der Israelitinnen und Israeliten aus Ägypten heraus, auf dem Weg hinaus aus Sklaverei und Unterdrückung. So zeigt sich Gott, als Gott der Freiheit. Es ist ein schwerer Weg, der 40 Jahre durch die Wüste führt. In all diesen Jahren, auf dem gesamtem Wüstenweg ist Gott da. ICH BIN DA gerade auch in den Wüstenzeiten, so erzählt uns das Alte Testament hier von Gott.
ICH BIN DA – Gottes Name ist das Versprechen, dass Gott uns nicht allein lässt. Es ist das Versprechen, dass Gott auch in den Wüstenzeiten des Lebens da ist, dann wenn wir es selbst nicht schaffen. Es ist das Versprechen, dass Gott sich auch dann nicht abwendet, dass wir Gott auch dann nicht zu viel sind, dass Gott auch dann nicht das Interesse an uns verliert.
In den Fenstern des Kölner Doms steht diese Geschichte auf einmal neben der Geschichte vom Kind in der Krippe.
Die Geschichten von der Geburt Jesu erzählen davon, wie Gott Mensch wird. Sie erzählen auf eine weitere Weise davon, wie Gott sich offenbart. Sie erzählen auf eine weitere Weise, wer Gott ist und was das Wesen Gottes ist.
Als Kind in der Krippe wird Gott ganz klein. Gott begegnet uns als Kind, als Baby – ohne Pracht, ohne Herrschaftsanspruch – schutzlos und angewiesen.
Auf wunderbare Weise erfahren wir, was es noch bedeutet, dass Gottes Name ICH BIN DA ist.
ICH BIN DA, das heißt auch: Da bin ich! Da bin ich und ich brauche euch. Ich komme zu euch und ich brauche eure Liebe. Gott will mit uns in Beziehung sein. Gott wünscht sich, von den Menschen geliebt zu werden.
ICH BIN DA – so offenbart Gott sich im brennenden Dornbusch, so zeigt Gott sich dem Volk Israel auf dem langen Weg durch die Wüste. Gott befreit und begleitet das Volk Israel auf dem Weg durch die Wüste. Gott geht dem Volk Israel voran und lässt es nicht im Stich. Groß, verlässlich, treu und stark.
ICH BIN DA – so zeigt sich Gott im Kind in der Krippe, geboren und getragen von einer Frau.
Die beiden Bilder im Kölner Dom zeigen mir, dass Gott, der sich im brennenden Dornbusch offenbart und Gott, der sich als Kind in der Krippe offenbart – ein und derselbe ist und war und bleibt: ICH-BIN-DA. Israels Gott und durch die Geburt Jesu auch Gott für uns.