Nach Abschluss eines internationalen Forschungsprojektes zum Auftauen des Permafrost-Bodens im hohen Norden der Erde hat das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven am Freitag eine Dokumentation der Ergebnisse online gestellt. Sie zeugen von den dramatischen Folgen des Klimawandels und sollen einem möglichst breiten Publikum zugänglich gemacht werden, teilte das AWI mit.
Auf 156 Seiten präsentiert der „Arctic Permafrost Atlas“ Karten und Illustrationen, Fotos und kurze Texte rund um den gefrorenen Boden und seine Veränderungen. Er ist unter der Web-Adresse https://nunataryuk.org/news/atlas einsehbar. Neun Porträts von Menschen, die im Permafrost leben und arbeiten, runden die visuelle Reise in die Arktis ab. Jede Seite sei eine Warnung vor den Folgen des Klimawandels, sagte Projekt-Koordinator Hugues Lantuit, der beim AWI in Potsdam arbeitet: „Das Wissen in diesem Atlas ist ein dringender Aufruf zum Handeln.“
Das 2017 gestartete Forschungsprojekt heißt „Nunataryuk“ – ein Begriff aus der Inuit-Sprache im Nordwesten Kanadas. Das Wort bedeutet so viel wie „zwischen Land und Meer“ und bezieht sich auf die Küsten des Nordpolarmeers – und damit genau auf die Regionen der Arktis, in denen sich die meisten menschlichen Aktivitäten konzentrieren. An dem Vorhaben waren den Angaben zufolge 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 26 Partner-Institutionen in 13 Ländern beteiligt. Die EU hat es mit 11,5 Millionen Euro gefördert.
„Der einst zuverlässig gefrorene Untergrund taut jetzt rund um die Welt auf“, warnte Lantuit. Dadurch werde das Erdreich weniger stabil. „Das verändert die Ökosysteme, beschädigt die Infrastruktur und beeinflusst das Leben und die Arbeit der Menschen in der Arktis.“ Das habe überdies globale Folgen, denn der gefrorene Untergrund gelte als eines der größten Kohlenstoff-Lager der Erde. Wenn er auftaue, könne er Treibhausgase freisetzen, die so wirksam seien wie 50 bis 200 Milliarden Tonnen Kohlendioxid: „Das könnte einen gewaltigen Effekt auf unser Klima haben.“
Ein weiteres Problem seien im Permafrost eingefrorene Schadstoffe und Krankheitserreger, die bei steigenden Temperaturen freigesetzt werden könnten, hieß es. Ein Beispiel sei das Milzbrand-Bakterium, das vor allem Huftiere befalle, aber auch Menschen infizieren könne. Möglicherweise erkläre das, warum sich in Sibirien in letzter Zeit so viele Rentiere mit Milzbrand infiziert hätten.