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Argentiniens Ex-Präsidentin in Hausarrest

In Buenos Aires hat das peronistische Lager Zehntausende Menschen mobilisiert, um gegen das Korruptionsurteil gegen Ex-Präsidentin Cristina Kirchner zu protestieren.

Ihre Stimme kam vom Band, als sich auf der Plaza de Mayo Zehntausende Menschen versammelten. Nach der Bestätigung des Korruptionsurteils gegen die ehemalige Präsidentin Cristina Kirchner mobilisierte die linksgerichtete Politikerin die Straße. Acht Jahre lang hatte die heute 72-Jährige als Nachfolgerin ihres Mannes Nestor (2003-2007) regiert. Zuletzt trug sie als Vizepräsidentin (2019-2023) Verantwortung.

Vor wenigen Tagen hatte das Oberste Gerichts ein Urteil wegen Bestechlichkeit und Korruption für rechtens erklärt, das unter anderem eine Haftstrafe von sechs Jahren sowie ein Ämterverbot mit sich bringt. Die Staatsanwaltschaft hatte Kirchner vorgeworfen, Teil eines großen Korruptionsnetzwerks gewesen zu sein, das sich bei öffentlichen Bauaufträgen selbst bediente.

Kirchner als auch ihre Anhänger sehen sich dagegen als Opfer politischer Verfolgung – und warfen der Justiz Parteilichkeit vor. Tatsächlich ist die Familie Kirchner während ihrer politischen Laufbahn zu Reichtum und Landbesitz gelangt. Über die Herkunft dieses Vermögens wird in Argentinien seit Jahren diskutiert und spekuliert. Kirchner selbst sprach stets von Einkünften aus ihrer anwaltlichen Tätigkeit und von geglückten Investitionen.

In ihrer Rede sagte Kirchner nun einen Zusammenbruch des “Modells Milei” voraus und eine Rückkehr des Peronismus an die Macht. Ihr gefalle es, wenn die Menschen singen: “Wir kommen wieder.” Das zuletzt zerstrittene peronistische Lager stellte sich an diesem Tag geschlossen hinter Kirchner.

Auch international gab es Rückendeckung für die Linkspolitikerin. Die linksextremen Regierungen aus Kuba, Venezuela und Nicaragua stellten sich demonstrativ hinter Kirchner. Auch Vertreter der demokratischen Linken wie die Präsidenten Brasiliens oder Chiles, Lula da Silva und Gabriel Boric, zeigten sich solidarisch.

Kirchner gilt bis heute als die entscheidende Strippenzieherin im argentinischen Peronismus. Die Bewegung geht auf Juan Domingo Perón (1895-1974) zurück, der als Präsident zentrale Wirtschaftszweige verstaatlichte, darunter Eisenbahn und Telefon. Um Sozialleistungen zu zahlen, erhöhte er die Staatsausgaben. Zentral in der Bewegung war auch Peróns zweite Frau, “Evita” Duarte (1919-1952).

Der derzeitige libertäre Amtsinhaber Javier Milei (54) vertritt das Gegenteil: Deregulierung, weniger Staat und mehr Eigenverantwortung der Einwohner. Wohlstand soll durch Unternehmertum entstehen. Am Rande der Demonstration gab es eine Morddrohung gegen den amtierenden Präsidenten. Ein 39-jähriger Maurer sagte in die Kameras des Senders “La Nacion+”: “Wir werden Milei umbringen, diesen Hurensohn Milei. Er verkauft sein Land.” Der Urheber der Drohung wurde wenig später festgenommen.

Nach dem Wahlsieg des libertären Präsidenten ist Argentinien gespalten. Milei will das hoch verschuldete Land mit harten wirtschaftsliberalen Reformen sanieren und für internationale Investoren attraktiv machen. Nach Massenentlassungen im öffentlichen Dienst, der Streichung von Subventionen und Kürzungen von Sozialprogrammen stieg die Armutsrate im ersten Amtsjahr Mileis stark an; im zweiten Amtsjahr ist sie unter die Marke seines Amtsantritts gefallen.

Zuletzt meldete auch das Kinderhilfswerk Unicef einen spürbaren Rückgang der Kinderarmut im Land. Die Prognosen sehen für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent voraus; das Land erwirtschaftet erstmals wieder Haushaltsüberschüsse. Auf Kritik an seinem Kurs reagiert Milei oft mit Schimpftiraden und Beleidigungen gegen Journalisten und die Opposition. Medienvertreter sehen sich durch sein aggressives Auftreten bedroht.

In wenigen Monaten finden in Argentinien Parlamentswahlen statt, die über die Mehrheitsverhältnisse in Kongress und Senat entscheiden. Sie gelten als wichtiger Stimmungstest für Mileis Reformkurs. Bei den Kommunalwahlen in der Hauptstadt Buenos Aires konnte seine libertäre Bewegung zuletzt ihren Stimmenanteil deutlich ausbauen und wurde stärkste Kraft.