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Apokalyptische Reiter

Krieg – vom Zaun gebrochen Der 1. September 1939 in Danzig. Ein Gedicht von einem Zeitzeugen.

Das brüllende Dröhnen der Schiffsgeschütze
Machte dem Schlaf sehr früh ein Ende.
Dem Wohnort fern sollten geschützt wir wohnen.
 Mit uns ging die Ahnung der drohenden Wende
Vom Frieden hin zum Krieg, die schon bedrückte.
Die Propagandaschlacht war ausgebrochen,
Lautsprecher tönten laut nach Polen übers Meer,
Fanatisch peitschten Siegessprüche unverdrossen
Ins Ohr der Menschen, trieben Ängste her.
Vom Dünenstrand verfolgten wir stürzende Flieger
Die Bomben warfen auf die Westerplatte.
In Tagen wurden sie dennoch nicht Sieger,
Bis die Besatzung aus den Bunkern kam.

Es war uns nicht bewusst, was für ein Krieg begann,
Der in sechs Jahren unser Volk zerstörte,
Auf Kampffeldern ließ er Millionen Tote liegen,
Riss Alte, Frauen, Kinder mit in das Verderben.
Bomben machten Städte und Menschen zu Ruinen.

Das Leid, das dieser Krieg gebracht,
Begrub bald als gewaltige Lawine Volk und Land,
Zwang jäh zur Flucht vor anrückenden Fronten.
Familien wurden unterwegs zerrissen,
In Schnee und Eis ging mancher auch verloren.
Das Leben – wer‘s im Chaos hatte retten können
Empfand sich selbst, als wär‘ er neu geboren.

„Deutschland erwache“, mit diesem Weckruf
Fanden Diktator-Reden Anhänger in großer Zahl.
Noch heute hallt das laut geschriene „Ja“
Aus dem Berliner Sportpalast in unsern Ohren.
Der Kampf forderte Opfer, viele fanden sich dazu bereit.
Strahlend erschien die Zukunft eines „Dritten Reiches“,
In welches Marschkolonnen zur Eroberung zogen.
Am Ende waren Menschen und das Land
So tief ins Unheil abgestürzt wie nie zuvor.

Erst 80 Jahre sind seitdem vergangen,
Dass dieser Krieg den Anfang nahm.
Und 74 Jahre sind’s, seit er zum Ende kam.
Europas Länder waren fast alle einbezogen
In das Gemetzel, Truppen besiegter Nationen
Zum Dienst gezwungen oder gar begeistert.
Apokalyptische Reiter stürmten über alle gleich.

Europas Staaten fanden zu einem neuen Anfang
In Einigkeit, den Frieden neu zu gründen.
Und doch zeigt sich schon wieder
Der nationale Egoismus, der sich selbst am nächsten.
Kriege und Kämpfe kennt auch die globale Welt.
An vielen Orten auf dem ganzen Globus
Sich auch die Grausamkeiten der Vernichtung zeigen.

Das Wort des Friedens ist schon reichlich abgegriffen,
Man hört es wohl und spürt doch seine Leere.
Wie schon Kains Leben nach dem Brudermord
Zu keinem Frieden fand. So geht’s den Menschen.
Der Herr selbst mußte ihm das Zeichen geben
Das sein Leben schützen konnte vor den Rächern.

Wo ist das Zeichen für die heut‘ge Menschheit?
Das Kreuz wird gern verachtet, nicht verstanden.
Aus Menschengeist ist Frieden nicht zu hoffen.