Fast jeder fünfte Erbfall in Deutschland endet mit Streit, so eine Erhebung des Instituts für Demoskopie in Allensbach. Eine Anwältin rät deshalb dazu, rechtzeitig ein Testament zu machen – und offen zu sprechen.
Das Erbe zu Lebzeiten nicht schriftlich zu regeln ist nach Einschätzung einer Rechtsexpertin für Erbrecht der größte Fehler, den Familien beim Vererben und Erben machen können. Auch sollten sie das Thema rechtzeitig offen ansprechen, sagte die Fachanwältin für Erbrecht, Lena Frescher, der “Süddeutschen Zeitung” (Dienstag).
“Nur selten kommen Familien zu mir, die rechtzeitig eine faire Lösung finden wollen. Meistens vertrete ich eine Seite, wenn es schon gekracht hat. Dabei geben alle Beteiligten im Nachhinein meist mehr Geld aus, als wenn man sich zu Lebzeiten einmal bei einem Anwalt oder einer Anwältin zusammengesetzt hätte”, erklärte Frescher.
Grundsätzlich solle man behutsam vorgehen und “natürlich klarmachen, dass man nicht zu Lebzeiten an das Geld der Eltern möchte”. Man müsse signalisieren, dass man Streit vermeiden wolle. “Die besten Erfahrungen mache ich immer, wenn die Familienmitglieder das Testament gemeinsam mithilfe eines Anwalts oder einer Anwältin aufsetzen”, so Frescher. Wenn Laien selbst ihr Testament schrieben, sei es fast unmöglich, alles klar zu regeln.
Wird gar kein Testament aufgesetzt, greift die gesetzliche Erbfolge. Dann entstehe eine sogenannte Erbengemeinschaft, sagte Frescher. “Jedem gehört also alles und niemand kann mehr etwas allein entscheiden.” Dies führe im Erbfall häufig zu Auseinandersetzungen.
“Vermeiden Eltern das Thema komplett, kann man auch aufzeigen, wie das Erbe ohne Testament konkret verteilt würde. Das rüttelt so manche wach”, so die Juristin.
An sich habe jeder Mensch das Recht, sein Vermögen zu verteilen, wie er es möchte. Unter den Pflichtteilsanspruch könne man aber etwa als Kind nicht sinken, betonte sie. “Sobald ich nicht im Testament erwähnt werde oder wenn explizit aufgeschrieben wurde, dass ich nichts bekommen soll, gelte ich als enterbt – und habe damit Anrecht auf meinen Pflichtanteil”, sagte Frescher. “Das gilt auch, wenn ich laut Testament weniger bekommen soll als der Pflichtanteil wäre.”