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Anfragen an Antidiskriminierungsstelle auf Höchststand

Ein Mann mit Migrationshintergrund bekommt keine Wohnung, eine junge Frau mit Kind keinen Job. Solche Anliegen landen bei der Antidiskriminierungsstelle. Besonders zahlreich: Anfragen zu rassistischer Diskriminierung.

Immer mehr Menschen suchen Rat bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, sprach am Dienstag von einem neuen Höchststand. Im vergangenen Jahr habe es 11.405 Anfragen gegeben, damit habe sich die Anzahl verglichen mit 2019 verdoppelt. Ataman äußerte sich bei der Vorstellung des Jahresberichts der Stelle.

Demnach drehten sich 43 Prozent der Anfragen um rassistische Diskriminierung. Der Anteil der Anfragen zu Benachteiligungen wegen einer Behinderung oder einer chronischen Krankheit lag bei 27 Prozent. Es folgten Anfragen zu Benachteiligungen wegen des Geschlechts mit 24 Prozent. Ataman betonte, dass die Statistik der Antidiskriminierungsstelle nicht repräsentativ sei. Sie zeige aber Tendenzen auf, die auch durch Studien gestützt würden.

Frauen sind nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle häufig von schlechter Bezahlung, weniger Karrierechancen, aber auch von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen. “Geschlechtsbezogene Diskriminierungen sind in unserer Gesellschaft immer noch tief verankert – und sie nehmen wieder zu”, sagte Ataman.

Im Arbeitsleben ereigneten sich laut der Beauftragten die meisten Diskriminierungsfälle. Jeder dritte Fall habe mit der Arbeitssuche, dem Bewerbungsgespräch oder dem konkreten Arbeitsplatz in Verbindung gestanden. Auch Fälle von Benachteiligung bei der Wohnungssuche oder im Restaurant wurden gemeldet. Zudem beklagten 25 Prozent der Ratsuchenden Diskriminierung durch staatliche Stellen.

Die Beratungsstelle arbeitet auf Basis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das seit 2006 gilt. Ataman forderte eine Reform des Gesetzes, da es in vielen Fällen nicht greife – etwa bei einer Diskriminierung durch staatliche Stellen. 2024 seien rund 2.350 Beratungsanfragen wegen Diskriminierung nicht vom Gesetz gedeckt gewesen. Ataman erklärte dazu, “Menschen sind im Restaurant besser vor Diskriminierung geschützt als auf dem Amt”. Dieser ungleiche Standard müsse dringend reformiert werden.

Insgesamt seien die gemeldeten Fälle nur die Spitze des Eisberges. Es gebe ein massives Problem mit Rassismus sowie Sexismus. “Das müssen wir ernst nehmen, Diskriminierung darf nicht normal sein”, sagte die Antidiskriminierungsbeauftragte. Laut Ataman nimmt auch die Trans- und Schwulenfeindlichkeit zu. “Transmenschen werden viel hemmungsloser und offener diskriminiert.”

Ataman sprach sich auch für ein AfD-Verbotsverfahren aus: “Das Bundesverfassungsgericht sollte die Möglichkeit bekommen, das zu prüfen.” Es sei zu beobachten, dass sich mit den steigenden Zustimmungswerten für die Partei mehr Menschen legitimiert fühlten, diskriminierende Äußerungen zu machen. Zudem plädierte Ataman dafür, die Stelle des Bundesbeauftragten für den Kampf gegen Antiziganismus, also den Hass auf Sinti und Roma, beizubehalten. Zuletzt hatte es Berichte gegeben, wonach der Posten womöglich nicht neu besetzt werden soll.