Die Debatte über den Krieg im Gazastreifen hält weiter an. Nun meldet sich Altbundespräsident Joachim Gauck zu Wort. Er hadert mit Premierminister Benjamin Netanjahu und dessen Regierung.
Altbundespräsident Joachim Gauck hat das Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen kritisiert. Natürlich sei Israels Verteidigung nach den mörderischen Attacken der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 gerechtfertigt gewesen, sagte Gauck in einem am Wochenende veröffentlichten “Tagesspiegel”-Interview. “Aber die Art der Kriegsführung überschreitet das Maß dessen, was ich akzeptieren kann.” Gauck weiter: “Wenn ich das sage, geht es mir ans Herz. Und gleichzeitig frage ich mich immer: Darf ich das sagen, als jemand, der mit Israel befreundet ist?”
Bestürzt zeigte sich das ehemalige deutsche Staatsoberhaupt über die derzeitige Rechtsaußen-Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu. Zugleich fügte Gauck hinzu: “Viele meiner Freunde in Israel sind unzufrieden mit dieser Politik.” Er habe große Achtung vor denen, die für den Rechtsstaat, Freiheit und Demokratie kämpften. Aber insbesondere die Parteien am rechten Rand, auf die sich Netanjahu stütze, “mit einer arroganten Sicht auf die palästinensische Bevölkerung”, erzeugten bei ihm einen inneren Widerwillen.
Mit Blick auf die Debatte über die Einsätze der israelischen Armee im Gazastreifen warnte Gauck davor, diese mit Völkermord gleichzusetzen. “Genozid ist ein sehr spezifischer Begriff – die planvolle Vernichtung einer Gruppe aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Nationalität oder anderer Merkmale.” Das treffe auf den Holocaust zu, die von den Nationalsozialisten betriebene Ermordung der europäischen Juden.
In der aktuellen Situation würde er den Begriff nicht nutzen, so der Altbundespräsident. “Kriegsverbrechen, die Verletzung rechtlicher Normen überhaupt oder unverhältnismäßige militärische Gewalt und Zerstörung müssen benannt und kritisiert werden, aber wir sollten den Begriff Genozid nicht inflationär verwenden.”