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“Aktion Gewitter”: 5.000 Verhaftungen nach dem 20. Juli 1944

Nach dem Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurden Tausende Regimegegner verhaftet, mehr als 100 Menschen vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.

Hermann Goering (Göring, 3.v.li.) und Reichsminister Martin Bormann (li.) besichtigen das Fuehrerhauptquartier "Wolfsschanze" nach dem Bombenanschlag vom 20. Juli 1944
Hermann Goering (Göring, 3.v.li.) und Reichsminister Martin Bormann (li.) besichtigen das Fuehrerhauptquartier "Wolfsschanze" nach dem Bombenanschlag vom 20. Juli 1944akg-images GmbH

Sie waren die ersten und bis heute bekanntesten Opfer des gescheiterten Bombenanschlages auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ in Ostpreußen: Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Werner von Haeften, Friedrich Olbricht und Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim. Die vier Männer wurden noch in der Nacht auf den 21. Juli 1944 auf Befehl von Generaloberst Friedrich Fromm im Innenhof des Bendlerblocks in Berlin standrechtlich erschossen. Etwa 200 Personen wurden kurz darauf als (vermeintliche) Attentäter oder Mitwisser getötet oder in den Tod getrieben.

Fromm selbst, der über die Umsturzpläne zwar informiert war, sich aber gegen eine Teilnahme am Widerstand entschied, wurde später vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und im März 1945 erschossen. Ludwig Beck starb nach einem Suizidversuch noch im Dienstzimmer Fromms. Henning von Tresckow erschoss sich kurz darauf an der Ostfront.

Anfang August 1944 begann die Aufarbeitung der NS-Justiz des Attentats

Eine zur Verfolgung der Attentäter gegründete „Sonderkommission 20. Juli“ zählte mehr als 400 Beamte. Ab dem 14. August wurden über 5.000 vermeintliche oder tatsächliche Regimegegner verhaftet, wobei es nicht darum ging, Mitwisser des Attentats ausfindig zu machen. Im Zuge der Razzien wurden ehemalige Abgeordnete und Funktionäre der alten, 1933 aufgelösten Parteien sowie andere mutmaßliche Regimegegner verhaftet. Mit dieser „Aktion Gewitter“ (auch „Aktion Gitter“ oder „Aktion Himmler“ genannt) sollten Feinde des NS-Staates beseitigt werden.

Eine Tafel auf der Wolfsschanze in Gierloz (Polen) erinnert an den Ort, an dem Graf Stauffenberg die Aktentasche mit der Bombe am 20. Juli 1944 legte
Eine Tafel auf der Wolfsschanze in Gierloz (Polen) erinnert an den Ort, an dem Graf Stauffenberg die Aktentasche mit der Bombe am 20. Juli 1944 legteepd-bild / Rieke Harmsen

Anfang August 1944 begann die Aufarbeitung der NS-Justiz des Attentats vom 20. Juli. Es kam zu mehr als 55 Prozessen vor dem Volksgerichtshof, die mit über 100 Todesurteilen endeten. Zwischen dem 8. August 1944 und dem 9. April 1945 wurden in Plötzensee insgesamt 89 Menschen ermordet, die dem militärischen Widerstand zugerechnet werden können oder ihn unterstützt haben.

Himmler: „Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht bis ins letzte Glied“

Allein mehr als 300 Verwandte der Verschwörer und Mitwisser des Attentats wurden verhaftet, ihr Hab und Gut eingezogen. Mit der „Sippenhaft“ wurde ein Repressionsinstrument eingesetzt, das sich gegen Familienangehörige der politischen Gegner richtete und auch das Ziel hatte, die Hintergründe des Anschlages aufzuklären. „Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht bis ins letzte Glied“, kündigte Heinrich Himmler am 3. August 1944 in einer Rede an.

Die Witwe Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, die ihr fünftes Kind erwartete, kam für sieben Monate in Gefängnisse und ins Konzentrationslager Ravensbrück, wo sie in Isolationshaft war. Etwa 40 Kinder aus „Verräterfamilien“, darunter auch die vier älteren der Stauffenbergs, wurden in das Heim „Bremen“ der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt in Bad Sachsa im Harz verschleppt und sollten im NS-Geist umerzogen werden.