Der Agrar- und Umweltökonom Sebastian Lakner plädiert für ein agrarpolitisches Modell, das Landwirten die Wahl zwischen dem Bezug von Subventionen und der Behauptung eines Betriebes am freien Markt lässt. In der Landwirtschaft gebe es eine große Heterogenität, in welche Richtung Bauern mit ihren Betrieben gehen wollten und wie offen sie für Reformen und vor allem für Umweltmaßnahmen seien, sagte der Wissenschaftler der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock am Dienstag dem Radiosender WDR5. Er plädiere dafür, dass sich jeder landwirtschaftliche Betrieb dies selbst überlegen könne.
In der aktuellen Debatte im Zusammenhang mit den Bauern-Protesten müsse es stärker um die Grundsatzfrage gehen, wofür die Gesellschaft in Zukunft ihr knappes Steuergeld ausgeben wolle, mahnte Lakner. Dies könne etwa für den Umbau der Landwirtschaft, für mehr Tierwohl, für mehr Umweltschutz geschehen. „Oder wollen wir an einer Subvention des Agrardiesels festhalten, wo wir doch wissen, Öl wird irgendwann ohnehin knapp und erzeugt viele Umweltkosten?“
Die ursprünglich geplante Streichung der Agrardiesel-Bezuschussung und die geplanten Änderungen bei der Kfz-Steuer hätten die Betriebe zwischen 1.000 und 4.000 Euro im Jahr belastet, erläuterte Lakner. Diese Einschnitte wären für die Betriebe „merkbar“, aber ökonomisch zu verkraften gewesen, zumal in den zurückliegenden Jahren hohe Gewinne erwirtschaftet worden seien.
Lakner verwies darauf, dass jährlich über rund 6,3 Milliarden Euro an EU-Mitteln insgesamt für die Agrarförderung in Deutschland von 2023 bis 2027 zur Verfügung stehen. Das neue Jahr sei das erste Jahr nach der Reform der sogenannten Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU. Diese Reform habe dazu geführt, dass die pauschale Basisprämie, die jeder Landwirt pro Hektar bekommt, etwas gesunken sei. Dieser Verlust könne jedoch vonseiten eines Betriebs nun durch mehr Umweltleistungen ausgeglichen werden. Diese Möglichkeit sei allerdings nur gering von Landwirten angenommen worden.
Dies könne darauf hindeuten, dass viele Betriebe nicht die Notwendigkeit gesehen haben, sich die Subventionen über Umweltmaßnahmen stärker „zurückzuholen“, erläuterte Lakner. Aber es könne auch darauf hindeuten, dass die Umsetzung solcher Maßnahmen für einzelne Betriebe höhere Anforderungen bedeuten. „Insgesamt haben wir hier einen längeren Reformprozess vor uns.“