Weil er für die AfD bei der Stadtratswahl im sachsen-anhaltischen Quedlinburg kandidiert, hat die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) einem Gemeindepfarrer die Beauftragung entzogen. Martin Michaelis bleibt zwar Pfarrer, darf das Amt aber vorerst nicht mehr ausüben. Das ist eine harte Entscheidung der Kirchenleitung, und sie wird Juristinnen, Juristen und Gerichte wohl noch beschäftigen. Es gibt gute Argumente dafür und ebenso dagegen. Am Ende aber wird man sagen müssen: Der Kirche blieb gar keine andere Wahl.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und ihre Gliedkirchen haben sich in den vergangenen Wochen überaus deutlich gegen die AfD positioniert. Da wäre es ein fatales Signal, wenn einer ihrer Amtsträger – als Gemeindepfarrer Repräsentant und Aushängeschild der Kirche – genau für diese Partei als Mandatsträger nun zur Unterstützung auffordern würde.
AfD unvereinbar mit der christlichen Botschaft
Sicher: Die Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut. Gerade die evangelische Kirche tut gut daran, sich dafür einzusetzen. Schließlich fußt ihre Theologie auf der Vorstellung, dass man sich letztlich nur vor Gott und dem Gewissen verantworten muss. Dementsprechend muss sich niemandem vorschreiben lassen, was man denkt, glaubt, sagt oder auch predigt. Dazu kommt, dass in der evangelischen Kirche (außer in Bayern) Pfarrerinnen und Pfarrer grundsätzlich durchaus politisch tätig sein dürfen, auch als Abgeordnete.
Aber: ausgerechnet für die AfD? In den vergangenen Monaten ist immer deutlicher geworden, dass große Teile der Partei eine völkisch-nationalen Gesinnung vertreten, ihr nahestehen oder sich zumindest nicht von ihr abgrenzen. In drei Bundesländern gilt die AfD laut Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“, darunter auch in Sachsen-Anhalt, wo Pfarrer Martin Michaelis als Kandidat für die Partei antritt. Und die Kirchen – übrigens evangelische und katholische in diesem Fall mal einstimmig – werden nicht müde zu betonen, dass die AfD in ihrer gegenwärtigen Verfassung unvereinbar mit der christlichen Botschaft sei.
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Das mag Pfarrer Michaelis anders sehen, und das tut er offenbar ja auch. Wenn ihm sein Gewissen das nahelegt, dann soll er sich entsprechend verhalten. Aber auch die Kirchenleitung muss ihrem Gewissen folgen; sie kann das Auftreten des Theologen nicht einfach so hinnehmen. Wenn ein Pfarrer, in welcher Funktion auch immer, Positionen nicht nur unterstützt, sondern demnächst auch öffentlich vertritt, die von seiner Kirche als „unchristlich“ eingestuft werden, dann ist es angemessen und notwendig, dass der Pfarrer nicht mehr als Repräsentant seiner Kirche auftreten darf.