Beim Deutschen Ärztetag diskutiert die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken erstmals mit der Ärzteschaft. Es geht um Effizienz, KI und einen verpflichtenden Gang zum Hausarzt bei Beschwerden.
Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat beim Deutschen Ärztetag für ihr Vorhaben geworben, dass Patienten bei Beschwerden künftig immer erst zum Hausarzt gehen sollen. “Mir ist es wichtig, dass wir das von Beginn an gemeinsam angehen, damit es nicht zu Engpässen kommt. Wir müssen Sorge dafür tragen, dass es keine Irritationen bei Patienten gibt”, sagte sie am Dienstag bei der Eröffnung des Ärzteparlaments in der Leipziger Nikolaikirche vor rund 1.000 Gästen. Es ist ihre erste offizielle Zusammenkunft mit der Ärzteschaft.
Die im Koalitionsvertrag von Union und SPD formulierte Einführung eines sogenannten verbindlichen Primärarztsystems soll helfen, das überlastete Gesundheitssystem effizienter zu machen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht das Projekt kritisch. Sie befürchtet Nachteile für immobile, alte und pflegebedürftige Menschen.
Der Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, Klaus Reinhardt, bekräftigte die Unterstützung der Ärzteschaft für das Regierungsprojekt. Allerdings komme es auf die Ausgestaltung an: “Das letzte, was wir wollen, ist ein reines Gatekeeping-System, wie wir es mit allen negativen Auswirkungen aus anderen Ländern kennen: Einschränkung der freien Arztwahl, Verzögerungen beim Zugang zur fachärztlichen Versorgung, zusätzliche Belastungen der Hausärztinnen und Hausärzte.” Kritisch sei etwa eine quasi verordnete schnellere Terminvergabe.
Laut Reinhardt wird Künstliche Intelligenz (KI) das Gesundheitswesen wesentlich verändern. Sie biete große Chancen für präzisere Diagnostik und Therapien sowie effizientere Abläufe. Zugleich müsse man die Gefahren und Risiken im Blick behalten. Es brauche klare gesetzliche Rahmenbedingungen und verbindliche medizinethische Leitlinien. “Vernunft, Empathie und Angemessenheit der Entscheidungen im Einzelfall sind maßgebliche humane Kriterien und müssen in ärztlicher Verantwortung verbleiben”, so Reinhard. “Verantwortung ist nicht teilbar – auch nicht zwischen Mensch und Maschine.”
Ministerin Warken betonte: “Mein Anliegen ist es, in den kommenden Monaten gute Voraussetzungen für den Einsatz von KI zu schaffen, gerade auch mit Blick auf Datensicherheit.” Sie bat die Ärzteschaft um eine offene, konstruktive und kritische Zusammenarbeit.
Reinhardt mahnte zudem: “Seit Jahren wird uns von der Politik ein konsequenter Bürokratieabbau im Gesundheitswesen versprochen – geschehen ist bisher leider nichts.” Stattdessen gebe es immer neue Dokumentationspflichten, Berichtsanforderungen und Kontrollvorgaben. “Sehr geehrte Frau Ministerin, machen Sie Schluss mit diesem Irrsinn”, so Reinhardt. Er empfahl, eine Bürokratie-Task-Force aus Politik und Selbstverwaltung einzusetzen.
Warken räumte ein, dass die Bürokratie im Gesundheitswesen “überbordend” sei, und versprach rasche Abhilfe, “schon weil wir uns das angesichts des Fachkräftemangels nicht mehr leisten können”. Laut Koalitionsvertrag soll ein Entbürokratisierungsgesetz in den nächsten sechs Monaten kommen.
Der Deutsche Ärztetag tagt bis Freitag in Leipzig. Die Mediziner diskutieren über gesundheitspolitische Vorhaben der Regierung. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) unter medizinischen, wissenschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten. Zudem steht das Thema Schwangerschaftsabbrüche auf der Tagesordnung des Ärzteparlaments.