Berlin – Der Bundestag hat die neuen Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger und die Sozialhilfe verabschiedet. Er billigte die Beträge ab dem kommenden Jahr einschließlich der Leistungen für Asylbewerber. Die Hartz-IV-Leistungen werden im Durchschnitt um acht Prozent angehoben. Am stärksten steigen sie für Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren. Erwachsene Singles erhalten ab Januar 409 Euro, fünf Euro mehr als dieses Jahr, Partner je 368 Euro. Kindern bis 13 Jahre stehen 21 Euro mehr und damit monatlich 291 Euro zu. Jugendliche ab 14 Jahre bekommen mit 311 Euro fünf Euro mehr. Kleinkinder erhalten weiterhin 237 Euro.
Bei den Asylbewerbern gibt es Abstriche bei den Barleistungen.Aufwendungen für die Instandhaltung der Wohnung und die Stromkosten werden künftig als Sachleistungen erbracht. Daher sinkt der Sozialhilfesatz für alleinstehende Asylbewerber von derzeit 354 auf 332 Euro, bei Paaren auf 299 Euro. Es wird zugleich ein Ehrenamtsfreibetrag eingeführt. Engagieren sich Asylbewerber beispielsweise in Vereinen, dürfen sie eine Pauschale von bis zu 200 Euro im Monat behalten, ohne dass der Betrag auf ihre Sozialleistungen angerechnet wird.
Die Opposition und die Sozialverbände kritisierten die Berechnung der Hartz-IV- und Sozialhilfe-Regelsätze. Viele notwendige Ausgaben würden nicht berücksichtigt und der Bedarf kleingerechnet. Zuletzt hatte die Diakonie Deutschland 560 Euro im Monat für einen alleinstehenden Erwachsenen gefordert. Sie bezog sich bei ihren Forderungen auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten zur Ermittlung der Regelbedarfe. Darin kritisiert der Sozialverband vor allem, dass bestimmte Ausgaben als „nicht regelbedarfsrelevant“ eingestuft werden. Dazu zählen etwa Taschen, Regenschirme, Adventsschmuck, Zusatzgebühren für die Kita oder auch festliche Kleidung für Familienfeste. Die Kosten für diese Posten würden nicht abgedeckt.
Die Diakonie fordert eine komplett neue Berechnungsgrundlage für die finanziellen Hilfen. Damit die Regelsätze künftig auch an die Lebensrealität der Betroffenen angepasst werden können, sollte zudem eine Kommission aus Vertretern der Verbände, Wissenschaftlern und anderen Experten eingesetzt werden.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sei 2015 wie in den beiden Jahren zuvor sowohl die Anzahl der Empfänger von Grundsicherung als auch deren Anteil an der Gesamtbevölkerung gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Im Jahr 2014 hatten knapp 7,4 Millionen Menschen (9,1 Prozent) Leistungen der sozialen Mindestsicherung erhalten.
Die Regelsätze müssen alle fünf Jahre neu berechnet werden, wenn die Ergebnisse der jeweils jüngsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Sie gelten für Langzeitarbeitslose und ihre Familien sowie für Sozialhilfe-Empfänger und, mit Abzügen, auch für Asylbewerber. Aus der EVS werden die Einkünfte und Ausgaben der unteren 15 Prozent (Singles) bis 20 Prozent (Familien) der Haushalte ermittelt. Auf Basis dieser Daten werden die Regelsätze berechnet. Die jüngste EVS stammt aus dem Jahr 2013. Insgesamt wurden laut Statistischem Bundesamt 60 000 Haushalte befragt.epd/UK
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Neue Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger verabschiedet. Diakonie kritisiert Berechnung der finanziellen Hilfen und Nichtberücksichtigung vieler notwendiger Ausgaben

Anke Bingel