Angesichts der baldigen Rückkehr Trumps ins Weiße Haus erleben Anbieter von Abtreibungsmedikamenten per Post eine enorme Nachfrage. Viele Frauen decken sich vorsorglich ein, weil sie Zugangsbeschränkungen befürchten.
In den USA ist die Nachfrage nach Abtreibungsmedikamenten sprunghaft angestiegen. Käuferinnen sind Frauen, die in den meisten Fällen nicht schwanger sind. Begonnen habe dies unmittelbar nach den Wahlen, aus denen Donald Trump als Sieger hervorging, berichtet Rebecca Gomperts, Gründerin der Organisation Aid Access, die Abtreibungspillen per Post verschickt. Innerhalb von zwölf Stunden nach den Wahlen seien bei ihnen mehr als 5.000 Anfragen eingegangen. “So etwas haben wir noch nie erlebt”, sagte Gomperts dem “Guardian”. Im Durchschnitt verkaufe das Unternehmen etwa 9.000 Abtreibungspillen im Monat. Auf der Suchseite für Abtreibungspillen mit dem Namen “Plan C” stieg der Datenverkehr dem Bericht zufolge um 625 Prozent an.
Auch die Nachfrage nach der “Pille danach” sei deutlich gestiegen, berichtet das “Time Magazin”. Der Anbieter Winx Health verzeichnete demnach in den ersten 60 Stunden nach der Wahl Trumps einen Umsatzanstieg von knapp 1.000 Prozent. Ähnlich hoch war die Nachfrage den Angaben zufolge bei Wisp. Der Telemedizin-Dienst verzeichnete einen Anstieg der Anfragen nach sogenannten Notfallverhütungsmitteln um 300 Prozent. “Frauen decken sich ein”, sagte Geschäftsführerin Monica Cepak der “New York Times”.
Auffällig ist laut Anbietern, dass sowohl Notfallverhütungsmittel als auch Abtreibungspillen von Frauen derzeit vorsorglich bestellt würden. Wobei es einige Verwirrung und Aufklärungsbedarf gibt. Laut einer Umfrage der Gesundheitsforscher der Kaiser Family Foundation aus dem vergangenen Jahr weiß eine Mehrheit zwar, dass die “Pille danach” und Abtreibungspillen nicht dasselbe sind. Aber nur knapp drei von zehn Frauen gaben an, dass die “Pille danach” eine Schwangerschaft nicht beenden kann.
Die Motivation der Bestellerinnen ist klar. Die Regierung Joe Bidens hatte 2021 erlaubt, dass Medikamente, die die Wirkstoffe Mifepriston und Misoprostol enthalten und einen Schwangerschaftsabbruch auslösen, auch von Telemedizinern verschrieben und per Post verschickt werden können. Zuvor durften entsprechende Medikamente nur unter Aufsicht in einer medizinischen Einrichtung eingenommen werden – letztere sind in vielen Bundesstaaten gesetzlich verboten. Mit der Wiederwahl Trumps fürchten viele Frauen nun offenbar eine Rückkehr zu dieser Regelung.
Die Rechtslage Abtreibungen betreffend hat sich in den USA in den vergangenen Jahren erheblich verändert. Insbesondere nach der Entscheidung des Obersten Gerichts im Jahr 2022, dass aus der Verfassung kein Grundrecht auf Abtreibung abgeleitet werden könne. Damit hob es das Grundsatzurteil “Roe vs. Wade” von 1973 auf, das zu einer weitgehenden Freigabe von Abtreibungen geführt hatte. Die Zuständigkeit für die Abtreibungsgesetze liegt nun wieder bei den Bundesstaaten.
Seitdem gleicht die US-Landkarte juristisch einem Flickenteppich, inklusive rechtlicher Grauzonen wie dem grenzüberschreitenden Versand von Medikamenten. In vielen Staaten sind die Abtreibungspillen zugänglich. Andere Bundesstaaten schränken den Zugang jedoch ein oder verbieten ihn. In Louisiana etwa wird der Besitz von Abtreibungspillen mit Geld- oder Gefängnisstrafen geahndet.
In den vergangenen Jahren nahm die Zahl von Abtreibungen in den USA zu – laut dem Guttmacher Institute, einer Forschungsorganisation, die sich für einen straffreien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzt, um etwa 11 Prozent zwischen 2020 und 2023. Mehr als die Hälfte aller Abtreibungen werden demnach medikamentös eingeleitet. Das Thema steht bei Abtreibungsgegnern wie der Organisation “Students for Life of America” weit oben auf der Agenda. Sie fordern Einschränkungen bei der Abgabe von Abtreibungspillen.
Nun richten sich alle Augen auf den designierten Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. Der Katholik und Sohn des 1968 ermordeten Senators Robert Kennedy hat sich bisher jedoch nicht konkret zu dem kontroversen Thema geäußert.