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20 Jahre nach Mord – weltweites Gedenken an Ordensfrau

Ihre Arbeit kostete Dorothy Stang das Leben, doch ihr Einsatz für Gerechtigkeit bleibt unvergessen. 20 Jahre nach ihrem Tod wird weltweit an die Ordensfrau erinnert – und ihr Kampf um Landrechte geht weiter.

20 Jahre nach der Ermordung der Ordensfrau Dorothy Stang wird weltweit an die Vorkämpferin der Landlosen-Bewegung erinnert. Laut einem Bericht der Plattform “reporterbrasil.org.br” war für Mittwoch (Ortszeit) an ihrem Grab in Brasilien eine Gedenkfeier mit Bischof Erwin Kräutler geplant. Stang war seine engste Mitarbeiterin.

Kräutler leitete nach ihrer Ermordung am 12. Februar 2005 das Begräbnis der Ordensfrau. “Niemand hat größere Liebe, als der sein Leben für seine Freunde hingibt. Dorothy hat ihr Leben gegeben. Sie hat das kraftvollste Zeugnis ihrer Liebe abgelegt: Sie hat ihr Blut vergossen”, sagte Kräutler damals. Der aus Österreich stammende Langzeit-Bischof der Amazonas-Diözese Xingu war wegen seines Einsatzes auch selbst ständigen Bedrohungen ausgesetzt und lebt in seiner brasilianischen Wahlheimat seit Jahren unter ständigem Polizeischutz.

Dorothy Stang, 1931 in Ohio geboren, hatte sich ab 1966 für die Rechte von Brasiliens Kleinbauern und für den Umweltschutz eingesetzt, insbesondere gegen die illegale Abholzung des Regenwaldes. Sie lebte und arbeitete in der Kleinstadt Anapú, einer abgelegenen Siedlung, in der sie sich mit anderen Ordensschwestern für die landlosen Bauern starkmachte. Ihr Engagement, Landrechte für die Armen einzufordern und ökologische Landwirtschaft zu fördern, brachte sie immer wieder in Konflikt mit Großgrundbesitzern und Holzfällern, die das Land für sich beanspruchten. Diese Kräfte sahen in Stang, deren “Projekte für nachhaltige Entwicklungen” (PDS) Waldschutz mit nachhaltiger Landwirtschaft verbanden, eine Bedrohung und versuchten sie einzuschüchtern.

Am Tag ihrer Ermordung war die 73-Jährige auf dem Weg zu einer neuen Siedlung und wurde von Auftragsmördern erschossen. Zeugen berichteten, dass sie ihren Mördern noch den Satz aus der Bergpredigt “Selig sind, die arm im Geiste sind, denn ihnen gehört das Himmelreich” (Matthäus 5,3) vorgelesen habe, bevor sie von sechs Schüssen getroffen zu Boden sank. Die Mörder und deren Auftraggeber wurden zwar verurteilt, aber nach kurzer Zeit wieder freigelassen.

Der Kampf um Stangs Erbe reicht bis in den kirchlichen Bereich: Ein Gemälde in der Santa-Lucia-Kirche von Anapú zeigt Jesus als Landarbeiter, der in schlichte Kleidung mit Strohhut auf einem Baum gekreuzigt wurde, ihm zur Seite Dorothy Stang und Pater Josimo Tavares, der 1986 ebenfalls für seine Tätigkeit in der Landlosen-Bewegung nach Drohungen durch Großlandbesitzer ermordet wurde. Gegen das Wandbild gab es laut “reporterbrasil.org.br” einzelne Einsprüche, woraufhin es entfernt wurde. Bischof Kräutlers Nachfolger in Xingu, João Muniz Alves, verfügte nach Protesten, das Gemälde müsse wieder dauerhaft sichtbar gemacht werden. Stang sei ein “Symbol dieser Region” und eine “mystische Kraft”, so der Bischof am vergangenen Sonntag bei einer Predigt.

In ihrer US-Heimat Ohio wurde an Stang am Mittwoch mit einer Gedenkausstellung und einem Gottesdienst erinnert. In Europa veranstaltete die Universität Cambridge eine Dorothy-Stang-Vorlesung. Studierende waren zuvor nach Rom gereist und hatten die Ordensfrau in der Basilika und Gedenkstätte San Bartolomeo all’Isola auf der Tiberinsel als “Moderne Märtyrerin des amerikanischen Kontinents” gewürdigt.

Der Kampf um Landrechte und den Schutz des Amazonasgebiets in der Region dauert weiter an, denn der Landraub und die Abholzung setzen sich fort. Die Fläche der PDS-Gebiete, die von der Agrarindustrie besetzt wurden, stieg laut Angaben der Agentur Publica zwischen 2005 und 2023 von 4,38 auf 22,27 Prozent. Der Kommission für Landpastoral (CPT) zufolge wurden in dieser Zeit mindestens 21 weitere Menschen in Anapú in Landkonflikten getötet, deren Namen auf einem roten Kreuz auf Dorothy Stangs Grab eingraviert sind. Nur drei Fälle kamen vor Gericht, wobei es auch bei diesen zu zwei Freisprüchen kam.

Wie Agencia Publica berichtet, hat sich die Gewalt in den letzten Jahren verlagert: Anstatt Morde zu begehen, greifen die Täter zunehmend auf Drohungen, Zerstörungen und gerichtliche Verfolgung von Landaktivisten zurück. Selbst Geistliche wie Amaro Lopes de Souza, der als Nachfolger von Dorothy Stang gilt, wurden kriminalisiert und mussten Anapú verlassen. Lokale Aktivisten und Missionarinnen setzen sich weiterhin für den Schutz von Landrechten und eine nachhaltige Agrarreform ein – trotz anhaltender Bedrohung. Von dieser ist auch das Weitertragen des Erbes von Schwester Dorothy Stang betroffen, wurde doch eine Gedenktafel für sie und die anderen Opfer mehrfach zerstört, aber von der Gemeinschaft immer wieder erneuert.