Es war mitten in der Nacht, als der Notfallpiepser von Ekkehard Graf sich meldete. „Brand Kirchentür“ stand auf dem Display. Blitzschnell sprang Graf aus dem Bett und eilte zur Feuerwache. Auf der Fahrt dorthin kam eine weitere Meldung rein: „Menschenrettung mehrerer Personen“. Ein Wohnhaus nahe der Kirche stand in Flammen. Ekkehard Graf und seine Kameraden konnten alle Bewohner retten. „Die Kirchentür hatte ich dabei völlig vergessen“, erinnert er sich. Die hatten inzwischen bereits Nachtschwärmer mit Wasser aus dem Marktbrunnen gelöscht. „Die Zeitung titelte am nächsten Tag ‚Pfarrer löscht seine Kirche selbst‘ – schöne Zeile, wenngleich es nicht der Wahrheit entsprach.“
Ekkehard Graf ist Pfarrer, genauer gesagt Dekan in Marbach am Neckar. Und er ist ehrenamtlicher Feuerwehrmann. Graf ist einer von mehr als einer Million Deutschen, die sich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagieren. Das sind etwa 28-mal so viele Menschen wie bei der Berufsfeuerwehr beschäftigt sind. Frauen sind bei der Freiwilligen Feuerwehr nach wie vor die Ausnahme: Laut Deutschem Feuerwehrverband stellen sie nur etwa zehn Prozent der freiwilligen Feuerwehrleute.
Wie viele Pfarrer unter den ehrenamtlichen Floriansjüngern sind, darüber gibt es keine Statistiken. Aber es dürften einige sein. Für Graf selbst ist das wenig verwunderlich. „Sowohl Pfarrer als auch Feuerwehrleute haben die DNA, sich ganz für Menschen einzusetzen“, sagt der Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Außerdem wird auch mein Chef Jesus als ‚Retter‘ bezeichnet.“
Ähnlich sieht das Dirk Kubitscheck aus Renningen-Malmsheim (Landkreis Böblingen). Auch er ist Pfarrer und ehrenamtlicher Feuerwehrmann. „Beide Berufe sind zutiefst christlich“, sagt er. Hier wie dort gehe es darum, dem Nächsten zu dienen. Dieses Selbstverständnis spiegele sich im alten Motto der Feuerwehr besonders schön wider, findet er: „Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr“. Macht ihn die Arbeit bei der Feuerwehr zu einem besseren Pfarrer? „Ich habe dort mit ganz unterschiedlichen Menschen zu tun, auch solchen, die sonst kaum Berührungen zur Kirche haben. Zu hören, was sie bewegt, weitet meinen Blick“, sagt Kubitscheck. Wenn Menschen dann erstmals oder seit langem einmal wieder in seine Gottesdienste kämen, freue ihn das natürlich.
Auch bei Christoph Pascher hängt die Feuerwehr-Uniform direkt neben dem Talar. Der 36-Jährige ist Pfarrer in Horrheim-Gündelbach im Landkreis Ludwigsburg. Zum Feuerwehrmann hat er sich während des Vikariats, also des Vorbereitungsdienstes auf das Pfarramt, ausbilden lassen. „Da hatte ich noch mehr Zeit dafür“, sagt er. Immerhin umfasse die Grundausbildung 70 Stunden. Aktuell investiere er monatlich rund sechs bis zehn Stunden für das Ehrenamt als „Truppmann“. Seinen Piepser hat er immer am Mann – oder fast immer. „Wenn ich Sonntagmorgen den Gottesdienst leite, bleibt er in der Sakristei“, sagt Pascher. „Sollte da ein Einsatz sein, wären genügend Kameraden verfügbar.“