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Zwischen Friedhofszwang und Apfelbaum-Grab – Der Tod als Politikum

In Deutschland wandelt sich der Umgang mit dem Tod: Rheinland-Pfalz erlaubt Bestattungen im eigenen Garten, Hessen betont den Friedhofszwang. Debatte zwischen Freiheit, Tradition und Menschenwürde auch in Ostdeutschland.

Letzte Abschiede geliebter Menschen fallen vielfältig aus und vielfältig sind auch die gesetzlichen Regelungen. In den Bundesländern gilt das jeweilige Bestattungsrecht – was erlaubt ist, beraten die jeweiligen Landesparlamente in teils heftigen Debatten. “Die Gesetzeslage führt dazu, dass Menschen ins Ausland ausweichen müssen oder in die Illegalität rutschen”, sagt der hessische FDP-Politiker Moritz Promny auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er verweist auf Studien zu Wünschen über die eigene Bestattung. “Wo sich die Gesellschaft verändert, darf das Recht nicht stehenbleiben.”

Promnys Partei spricht sich für eine umfassende Liberalisierung aus. Die oppositionelle FDP hat für Hessen eine entsprechende Gesetzesinitiative gestartet. Die Erfolgsaussichten scheinen jedoch überschaubar, wurde doch gerade im September das bestehende Gesetz moderat angepasst und unter anderem ein Recht auf individuelle Bestattung sogenannter Sternenkinder geschaffen.

“Wir gehen nicht den rheinland-pfälzischen Weg”, erklärte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) im Oktober im Deutschlandfunk. “Wir halten im Grundsatz am Friedhofszwang fest.” Mit Blick auf individuelle Wünsche Einzelner spricht der Minister von der Notwendigkeit allgemeiner Standards und nicht alles zuzulassen. “Und deshalb haben wir uns in Hessen gegen eine Revolution entschieden”, betont Poseck. Die gebe es auf der anderen Seite des Rheins, in Rheinland-Pfalz.

Dort gilt seit wenigen Wochen das nach Regierungsangaben modernste Bestattungsrecht Deutschlands. “Allerdings gilt: Wer keine neue Bestattungsform für sich wählt oder dieses nicht im Vorfeld schriftlich erklärt, der kann wie bisher auch in einem Sarg oder einer Urne auf dem Friedhof beigesetzt werden”, betonte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) im Herbst. “Wir erhalten so die Tradition und Friedhofskultur und ermöglichen gleichzeitig neue Räume für eine individuelle Form der Bestattung.”

So ist es in Rheinland-Pfalz unter anderem möglich, die Asche Verstorbener zu einem Erinnerungsstück zu verarbeiten oder sie unter dem heimischen Apfelbaum beziehungsweise in ausgewählten Flüssen zu bestatten. Weitere Änderungen betreffen Ehrengräber für im Auslandseinsatz gestorbene Militärangehörige sowie das Begräbnis sogenannter Sternenkinder. Dabei handelt es sich um Kinder, die vor, während oder unmittelbar nach der Geburt gestorben sind.

Außerdem wurde ein rechtlicher Rahmen geschaffen, um Kinder im Falle des gleichzeitigen oder zeitnahen Versterbens eines Elternteils, etwa durch einen Unfall, gemeinsam mit dem verstorbenen Elternteil in einem Grab beerdigen zu lassen. Bei Verabschiedung des neuen Gesetzes Mitte September wurde Hoch von der CDU im Parlament als “Totengräber der Friedhöfe” bezeichnet.

Die weitgehende Liberalisierung des mehr als 40 Jahre alten Bestattungsrechts war zuvor auch von Seiten der Kirchen kritisiert worden. So hatte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf vor einer “Privatisierung von Trauer” gewarnt. Das neue Bestattungsrecht würde Friedhöfe als öffentlich zugängliche Trauerorte schwächen.

FDP-Politiker Promny plädiert dennoch auch in Hessen “für andere Formen der Trauer, der Beisetzung und des Erinnerns statt politischer Bevormundung”. Denn der Umgang mit dem Tod brauche mehr Selbstbestimmung und individuelle Freiheit. “Die Hoheit über die letzte Ruhestätte zu haben, ist für uns Ausdruck der Menschenwürde”, sagt er der KNA. “Auch die neue Gesetzeslage in Hessen wirkt wie aus der Zeit gefallen und ist stark von alten Denkmustern bestimmt.”

Laut Gesetz wird die maximale Frist zwischen Tod und Bestattung geändert und fortan zehn Tage betragen. Auch solle klarer geregelt werden, wer in welchen Situationen sogenannte sorgepflichtige Maßnahmen bei einem Todesfall zu veranlassen habe. Außerdem benennt das Gesetz Bedingungen für Mediziner zur Verbesserung der Qualität bei Leichenschauen. Das so beschlossene hessische Friedhofs- und Bestattungsgesetz soll zunächst nur bis Ende 2032 gelten.

Auch im Osten der Republik bleibt das Thema aktuell. Dort hatte es zuletzt im September in Sachsen-Anhalt eine Liberalisierung des Bestattungsgesetzes geben: Die Sargpflicht wurde aufgehoben, künftig sind Tuchbestattungen für Menschen muslimischen oder jüdischen Glaubens möglich. Zudem ist nun eine Entnahme von bis zu fünf Gramm Asche vor dem Verschließen der Urne erlaubt, um Erinnerungsstücke wie etwa ein Medaillon oder Gedenkdiamanten anzufertigen.

Das ist allerdings, wie in Rheinland-Pfalz, an Bedingungen geknüpft. So muss die verstorbene Person ihren letzten Hauptwohnsitz in Sachsen-Anhalt gehabt haben und zu Lebzeiten einer Asche-Entnahme durch schriftliche Verfügung nicht widersprochen haben. Das Bundesland ist damit eines der ersten, das diese Möglichkeit zulässt.

Zurückhaltender gibt sich das Nachbarland Sachsen. Seit 2023 soll dort ebenfalls das Gesetz reformiert werden. Bislang kam es dazu nicht. Medien berichteten zuletzt über Arbeiten an einem entsprechendem Gesetzesentwurf.