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Zur Erinnerung an die Heilige Agatha wird Brot gesegnet

Sie wurde zur Prostitution gezwungen und gefoltert: Weil sich die auf Sizilien lebende Christin Agatha im Jahr 250 weigerte, den nicht-christlichen, römischen Statthalter Quintianus zu heiraten, wurden ihr grausam die Brüste abgeschnitten. Dabei sei ihr, so die Legende, der Apostel Petrus erschienen und habe ihre Wunden geheilt. Deshalb wird Agatha in der katholischen und orthodoxen Kirche als Schutzheilige verehrt. Der 5. Februar ist ihr Gedenktag.

Der Kult um Agatha begann schon bald nach ihrem Tod, als ein Vulkanausbruch des Ätna die sizilianische Stadt Catania bedrohte. Nach der Legende soll der Lavastrom durch die Fürsprache Agathas gestoppt worden sein. Seither ist sie die Schutzpatronin des Ortes, was jedes Jahr mit einem mehrtägigen Fest gefeiert wird.

Agatha gilt als Schutzpatronin gegen Feuer und Brand, Unwetter und Erdbeben. Zudem gilt sie auch als Fürsprecherin der Ammen und zur Helferin bei Brustkrankheiten. Weil die abgetrennten Brüste an runde Brote erinnern, verbreitete sich im Mittelalter der Brauch, an ihrem Gedenktag spezielle Brote zu weihen. Die früheste Erwähnung eines solchen Brot-Segens stammt aus dem Jahr 1466, erwähnt in den Ausgaben des Klosters Klingenthal in Basel.

Die Tradition gibt es bis heute in manchen katholischen Regionen, etwa in Bayern und Baden-Württemberg sowie der Schweiz und Österreich. Früher wurde die Brustform angedeutet, heute sind die Brote anders geformt: mit eingeritztem Kreuz, als Doppelbrötchen oder ringförmig. Rund um den 5. Februar werden sie nach dem Backen von katholischen Priestern gesegnet.

Im Schwarzwaldort Todtmoos will Konditor- und Bäckermeister Alexander Matt rund 200 Agathenbrote verkaufen. Eine Tradition in dem 2.000 Einwohner-Ort, die sein Großvater begonnen habe, sagt Matt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wegen seines Ruhetags würden die 500 Gramm schweren, runden Laibe aus Weizenmehl mit etwas Roggen diesmal erst am 7. Februar gebacken.

Dann wird der Leiter der Seelsorgeeinheit Todtmoos-Bernau, Pater Roman, frühmorgens in die Backstube kommen, um die Laibe vor dem Verkauf mit Weihwasser zu segnen. Genau wie Menschen Brot als Nahrung bräuchten, benötigten sie auch geistige Nahrung, erläutert er: „Jesus ist das Brot des Lebens.“ Gegessen werde aber nicht das ganze Brot. Ein kleines Stück solle das Jahr über im Haus aufbewahrt werden, „als Symbol für Schutz und Wohlstand“.

Warum gerade ein Brot zum Gedenken an die Schutzheilige gebacken wird, erklärt der katholische Theologe und Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti: „Es ist ein Stück Segen zum Anfassen, zum Essen und in sich Aufnehmen.“ Es solle zudem an die Eucharistiefeier erinnern.

In der bildenden Kunst wird die heilige Agatha häufig mit einem Brett oder Tablett gezeigt, auf dem sie ihre abgeschnittenen Brüste trägt. Ein Beispiel ist die Zeichnung „Agathe Frau zu Rappoltstein als Hl. Agathe“ von Friedrich Brentel (1629) in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Im bayerischen Stadtmuseum Weilheim zeigt die Altartafel „Brustabnahme der heiligen Agatha“ (1523) von Jörg Greimolt (um 1485/1490 – 1541), wie der Heiligen die Brüste abgerissen werden.

Was heute verstörend wirkt, sei die gängige Bildersprache des Mittelalters gewesen, erklärt Becker-Huberti. Damals sei Folter und Tod ganz drastisch dargestellt worden, um zu zeigen, was Christen für ihren Glauben ertragen müssten.

Nach Auffassung der Pastoralreferentin Barbara Janz-Spaeth von der Diözese Rottenburg-Stuttgart müsse die „frauenverachtende und sexuelle Gewalt verherrlichende Tradition“ des Brot-Segens beendet werden. Die Heiligenlegende handle von sexueller Gewalt an einer Frau „im übelsten Ausmaß, unvorstellbar, abstoßend und widerlich“.

Teilweise seien Brote sogar wie eine Brust geformt worden, kritisiert sie im epd-Gespräch. Für Frauen mit Brustkrebs könne ein solcher Brot-Segen traumatisierend wirken, weiß die katholische Theologin, die Frauen mit Brustkrebs betreut hat.

Janz-Spaeth hat sich dafür eingesetzt, dass der Brauch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart nicht praktiziert wird. Es gehe ihr nicht darum, die Erinnerung an die Heilige Agatha auszulöschen, oder die erlittene Folter einer Märtyrerin der frühen Kirche zu beschönigen. Jedoch müsse eine andere Form des Erinnerns gefunden werden.