Rituale sind im Wandel, das betrifft auch den Umgang mit dem Tod. Der bekannte Bestatter Eric Wrede setzt auf Offenheit, damit Trauer überhaupt möglich wird. Ein Film über seine Arbeit könnte neue Debatten anstoßen.
Eric Wrede (45), bekannter deutscher Bestatter, wünscht sich weniger Druck rund um das Lebensende. Die Zeit um herauszufinden, was man nach dem Tod einer nahestehenden Person wolle, sei “häufig viel zu kurz”, kritisierte Wrede in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). In Ländern wie der Schweiz oder den Niederlanden ließen sich Familien oft ein halbes Jahr Zeit, bevor sie eine Urne an einen institutionellen Ort brächten.
Eine solche Verlängerung der Bestattungsfrist könnte auch hierzulande “eine der größten Erleichterungen” sein, betonte der Experte. Eine generelle Liberalisierung des Bestattungsrechts brauche es aus seiner Sicht nicht. “Es gibt kaum etwas, das ich nicht umsetzen kann. Wenn Familien sagen, der klassische Friedhof ist nicht das, was uns in unserer Trauer etwas gibt, dann liegt das oft daran, dass die gar nicht wissen, was für gut gemachte Friedhöfe es mittlerweile gibt.”
Viele Rituale stünden derzeit auf dem Prüfstand, fügte Wrede hinzu. So seien häusliche Aufbahrungen von Verstorbenen verstärkt gefragt. Dies zeige, “wie gut es Menschen tut, noch Zeit mit der oder dem Verstorbenen zu verbringen. Unser Gehirn ist da sehr, sehr langsam, aber dieses Haptische – den Toten zu sehen und gegebenenfalls auch mal anzufassen und zu spüren, dass das, was wir als Leben kennen, jemanden verlassen hat -, das ist der erste wichtige Schritt, um überhaupt in den Trauerprozess zu kommen.”
Gesunde Trauer wirke sich langfristig positiv aus, betonte der Bestatter. “So schwer der Verlust ist, so wichtig ist, dass man durch diese Prozesse geht. Ich glaube, das ist mittlerweile der Hauptteil meiner Aufgabe: Trauer ein bisschen zu rehabilitieren”. Darüber hinaus befinde sich die Gesellschaft in einem Zustand des “permanenten Trauerns”, weil vieles in Frage stehe: “Der wirtschaftliche Wohlstand, die Umwelt, der lange währende Frieden. Deshalb glaube ich, dass die Arbeit der Trauerbegleitung und Bestattung eine gesellschaftlich zutiefst relevante Aufgabe ist.”
Wrede, der vor zehn Jahren aus der Musikbranche ins Bestattungswesen wechselte, ist Autor mehrerer Bücher und Moderator des Podcasts “The End”. Am Donnerstag startet der Dokumentarfilm “Der Tod ist ein Arschloch” über seine Arbeit in den Kinos.