Artikel teilen:

Zeit für den Menschen lassen

Beim Aschermittwochsempfang des Wittekindshofes wirbt NRW-Sozialminister Laumann für Augenmaß bei Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes

Anke Marholdt

BAD OEYNHAUSEN – Der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich für Augenmaß bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes ausgesprochen. So müsse berücksichtigt werden, dass behinderte Menschen je nach Alter und Lebenssituation unterschiedliche Bedürfnisse hätten, sagte Laumann beim traditionellen Aschermittwochsempfang der Diakonischen Stiftung Wittekindshof in Bad Oeynhausen. Der Vorstandssprecher der Stiftung, Dierk Starnitzke, warnte vor Benachteiligungen für schwerbehinderten Menschen durch die Umsetzung des Gesetzes.
Er sei „sehr optimistisch“, dass das Bundesteilhabegesetz in Nordrhein-Westfalen im Interesse der behinderten Menschen umgesetzt werde, erklärte Laumann. Bei der Betreuung von behinderten Menschen dürfe den Mitarbeitern die Bürokratie nicht über den Kopf wachsen. So müsse auch Zeit dafür bleiben, sich auf die Bettkante zu setzen und zuzuhören, unterstrich Laumann. Zugleich müsse es aber auch Qualitätskontrollen geben.
Vorstandssprecher Dierk Stanitzke warnte davor, dass für Menschen mit schwerer mehrfacher und vor allem geistiger Behinderung ein hohes Risiko bestehe, mit der Komplexität der gesetzlichen Regelungen des neuen Gesetzes nicht zurechtzukommen. Problematisch ist aus Sicht Starnitzkes die im Gesetz geplante Trennung von unterschiedlichen Leistungen für Menschen mit schwersten Behinderungen. Sogenannte existenzsichernde Leistungen wie Miete, Lebensmittel und Bekleidung sollen künftig von den Kreisen und Städten bezahlt werden. Leistungen der Eingliederungshilfe sollen weiterhin über die Landschaftsverbände bezahlt werden. Bislang wurden Kosten beispielsweise für stationär unterstütztes Wohnen in Wittekindshofer Wohngruppen größtenteils pauschal über den Landschaftsverband Westfalen-Lippe abgerechnet. Mit dem im Dezember 2016 verabschiedeten Bundesteilhabegesetz soll die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland besser umgesetzt werden.
Die 1887 gegründete Stiftung Wittekindshof mit Sitz in Bad Oeynhausen unterstützt nach eigenen Angaben mit rund 3300 Mitarbeitern mehr als 5000 Menschen mit und ohne Behinderung in den Regionen Ostwestfalen, Münsterland und im Ruhrgebiet. epd