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ZDFneo zeigt Drama über Belästigung bei US-Nachrichtensender

In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:

K U R Z K R I T I K

Gemeinsam gegen Sexismus, in einer Zeit vor #MeToo. In “Bombshell – Das Ende des Schweigens” verbünden sich drei Frauen miteinander, die sich sonst vielleicht nie getroffen hätten. Gretchen Carlson (Nicole Kidman) und Megyn Kelly (Charlize Theron) sind beide Moderatorinnen beim konservativen US-Fernsehsender Fox News. Kayla Pospisil (Margot Robbie) will in ihrer Karriere bei Fox hoch hinaus und träumt davon, ebenfalls vor der Kamera zu landen.

Alle drei Frauen teilen das Schicksal, von Senderchef Roger Ailes (John Lithgow) sexuell belästigt worden zu sein. Kurz vor der #MeToo-Bewegung wagen sie einen ersten Schritt und verklagen gemeinsam den mächtigsten Mann von Fox News.

Neben den politischen Verwerfungen, die in den USA das gesellschaftliche Miteinander bestimmen, beschwört der Film vor allem die Solidarität unter Frauen. – Ab 14.

L A N G K R I T I K

Bonn (KNA) Es gibt eine beklemmende Szene in diesem Film, die das ganze Ausmaß sexueller Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz, ihrer Beschämung und Erniedrigung, der Misogynie, die sich dahinter verbirgt, offenbart. Kayla, von Margot Robbie mit großen Augen und naivem Ehrgeiz gespielt, steht endlich im Büro des Fox-News-Senderchefs Roger Ailes und hofft auf einen Karrieresprung, am besten als Moderatorin vor der Kamera. Ailes bittet sie im Laufe des Gesprächs, aufzustehen und sich zu drehen. Dann soll sie den Saum ihres schwarzen Kleides hoch und höher ziehen, um ihre Beine zu zeigen – bis ihr Slip zu sehen ist. Verletzlichkeit, Angst und Unsicherheit spiegeln sich im Gesicht von Robbie. Der Schmerz über diese Demütigung ist für den Zuschauer sofort spürbar.

Der Skandal um Roger Ailes und Fox News trug sich im Sommer 2016 zu, noch ein Jahr vor den Schlagzeilen um Filmproduzenten Harvey Weinstein und der Skandalwelle um männliche Übergriffigkeit. Regisseur Jay Roach zeichnet nun in einer irritierenden Mischung aus leichtfüßigem Erzählton und ernsthaftem Anliegen jene Tage nach, als die Starmoderatorin Gretchen Carlson ihren Chef Ailes verklagte und ihre Kollegin Megyn Kelly ihr beiseitestand.

Doch zunächst führt uns Megyn Kelly, von einer nicht wiederzuerkennenden Charlize Theron gespielt, durch die Flure von Fox News. Sie erklärt dem Zuschauer, wer die wichtigen Figuren sind, auf welchem Flur sich die Macht konzentriert, was man tun muss, um mal vor der Kamera zu stehen. Sie spricht direkt zu uns, mit einem Augenzwinkern und Lächeln, das den Zuschauer auf ihre Seite zieht.

Die Fronten sind geklärt. Megyn Kelly ist das Aushängeschild von Fox News: schön, blond, sexy. Eigenschaften, die gefragter sind als Eloquenz und Klugheit. Es ist Wahlkampf, und darum geht es nebenbei auch um die politischen Verwerfungen, die in den USA das gesellschaftliche Miteinander bestimmen: Trumps Aufstieg zur Macht, seine unheilvolle Verwicklung mit dem Fox-Sender, seine unverschämten Angriffe per Twitter, seine Lügen, seine Diffamierungen von politischen Gegnern und Journalisten, seine Frauenverachtung. Roach lässt oft authentische Nachrichtenbilder jener Zeit einfließen, manchmal hat er seine Schauspielerinnen digital einsetzen lassen, um so seinem Film einen dokumentarischen Charakter zu verleihen – was nicht immer funktioniert.

Als Megyn Kelly den Präsidentschaftskandidaten vor laufender Kamera mit seinen sexistischen Äußerungen konfrontiert, ist die Aufregung groß. Dem öffentlichen Kleinkrieg, von Trump befeuert, ist sie nicht gewachsen, sie wird beurlaubt.

Währenddessen beschwert sich ihre gestandene Kollegin Gretchen Carlson (ebenfalls sehr irritierend “maskiert”: Nicole Kidman), eine ehemalige “Miss America”, über die herablassenden Sprüche ihrer Co-Moderatoren bei der Morning Show “Fox & Friends”. Zwar bekommt sie jetzt eine eigene Show, allerdings am unattraktiven Nachmittag. Kurz darauf läuft ihr Vertrag aus, angeblich wegen “enttäuschender Einschaltquoten”. Carlson zieht gegen ihren langjährigen Boss Ailes wegen sexueller Belästigung vor Gericht. Um den Fall zu gewinnen, müssten sich allerdings weitere betroffene Frauen melden…

Jay Roach und sein Drehbuchautor Charles Randolph suchen bewusst die Extreme, Leisetreterei ist ihre Sache nicht. Dafür ist ihnen das Thema viel zu wichtig. Das beginnt schon mit der puppenhaften Zeichnung der weiblichen Hauptfiguren und dem prägnanten Kostümdesign. Die Frauen tragen schon durch ihre Kleidung ihre Corporate Identity wie eine Uniform nach außen: hohe Absätze, kurze, enge Kleider, roter Lippenstift, glänzendes Make-up, wetterfeste Frisuren.

Roach mischt Fakten mit Fiktion. Während Theron und Kidman authentische Fox-Moderatorinnen spielen, ist Margot Robbies Kayla eine erfundene Figur, zusammengesetzt aus unterschiedlichen Angestellten, die unter Ailes zu leiden hatten. Darum macht sie auch die größte Wandlung durch, von der erwartungsvollen, enthusiastischen Redakteurin bis zur engagierten, furchtlosen Whistleblowerin. “Wir erkennen einander!”, sagt Megyn Kelly einmal zu ihr. Nur gemeinsam sind sie stark.