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ZDF-Psychothriller über Stalking – Mitreißend und erschreckend

Täglich rote Rosen, aufmerksam und zuvorkommend: Hannes ist der perfekte Lover. Oder zu perfekt, um wahr zu sein? Judith wird die Beziehung zu eng, will sie beenden – doch da hat sie die Rechnung ohne Hannes gemacht…

Allzu begeistert scheint Judith nicht zu sein, als sie die Tickets für eine Venedig-Reise aus dem Umschlag zieht: ein Geschenk von Hannes, ihrem neuen Freund. Das sei doch “ur-romantisch”, ruft ihre Mitarbeiterin Bianca aus. Was Judith dazu bewegt, ihre leisen Zweifel zur Seite zu schieben – mal wieder.

Immer wieder gibt es diese feinen Momente in dem Psychothriller “Ewig Dein”, den das ZDF am 7. April, von 20.15 bis 21.45 Uhr ausstrahlt: wenn sich Judith gegen ihr Bauchgefühl entscheidet, weil sie sich an ihrem Umfeld orientiert. Und das ist nun mal nahezu einhellig begeistert von Hannes, diesem gut aussehenden und zuvorkommenden Architekten.

Auch Judith lässt sich trotz leiser Zweifel zunächst mitreißen von dessen Verliebtheit; fast zu schön, um wahr zu sein ist diese erste Phase ihrer Beziehung. So hat Hannes immer schon Frühstück gemacht, wenn sie aufwacht, schickt ihr täglich rote Rosen, ist aufmerksam, bringt ihren Freunden beim Antrittsbesuch perfekt ausgewählte Geschenke mit. Gestört wird die Idylle nur von gelegentlichen kleinen Irritationen: dass er sie so obsessiv fotografiert, manchmal ein wenig steif wirkt. Und warum eigentlich hatte sie nach der Gartenparty einen Filmriss, obwohl sie nur zwei Gläser Wein getrunken hatte?

“Ich find ihn ja fast unheimlich irgendwie”, sagt Judiths Bruder Ali. Auch Judith hat ein feines Sensorium für Ungereimtheiten, was eine große Stärke dieses Films ist: Ihre Figur ist überzeugend gezeichnet und kein naives Hascherl, wie es im Genre des Psychothrillers traditionell gerne mal gepeinigt wird.

Judith ist die unabhängige, selbstbewusste Inhaberin eines Wiener Lustergeschäfts (für Nicht-Österreicher: ein Laden für Hängelampen); auf einen Mann hatte sie gerade gar nicht gewartet. Trotzdem lässt sie sich auf die Beziehung ein, bis Hannes’ Eifersucht und Besitzansprüche immer deutlicher zutage treten. Weshalb sie sich auf besagter Venedig-Reise von ihm trennt – was der aber nicht akzeptiert: Hannes stalkt sie fortan, treibt sie mit Psychoterror in die Tablettensucht, manipuliert ihr Umfeld. Welches Judith bald für schwierig und uneinsichtig hält – eine klassische Täter-Opfer-Umkehr.

Spannend geraten ist dieser Film nach dem gleichnamigen Roman von Bestseller-Autor Daniel Glattauer. Schnell wird man eingesogen in die elegant erzählte Story über Kontrollsucht, die Jagd nach der perfekten (romantischen) Fassade, Manipulation – alles so ziemlich das genaue Gegenteil von Liebe. Freya Stewart hat die Vorlage zusammen mit Johanna Moder überzeugend adaptiert, Letztere das Ganze souverän in Szene gesetzt.

Die Kamera von André Mayerhofer fängt das Geschehen in eindrücklichen, teils verstörend-poetischen Bildern ein – wenn etwa Schnee, Symbol für Isolation und Kälte, hier gegen Ende hin immer häufiger von Zimmerdecken herabrieselt. Aber auch die extremen Nahaufnahmen der Luster-Glastropfen mit ihrem anspielungsreichen Changieren, dazu deren Klirren auf der effektvollen Tonspur: Während beides anfangs noch für Sonne, Licht und Leben steht, erhält es mit Fortgang der Handlung einen zunehmend beklemmenden, dunklen Twist.

Dass man sich so mitreißen lässt von der nervenaufreibenden Story, hat aber auch mit den herausragenden Schauspielern zu tun: Julia Koschitz ist gewohnt präzise in ihrer Darstellung feinster Facetten. Kurze Blicke und kleinste mimische Bewegungen reichen ihr, um Judith zu einer stimmigen, komplexen Figur zusammenzusetzen. Auch Manuel Rubey gelingt das nicht geringe Kunststück, einen zutiefst abgründigen Mann zu spielen, bei dem man gleichzeitig verstehen kann, dass Judiths Umfeld ihn mag.

Wenn es nicht in jedem Moment nachvollziehbar ist, wie ignorant Freunde und Familie über Judiths Aussagen und Wünsche hinweggehen, dann liegt das weniger an den Leistungen der Schauspieler, sondern an kleinen Mängeln in der Dramaturgie. Doch die sind vernachlässigbar angesichts dieses ansonsten sorgfältig gestalteten Films, der einen erst ganz zum Schluss wieder aus seinem festen Klammergriff entlässt.