Auch bei pflichtgemäßer Meldung von Missbrauchsfällen nach Rom sollte das Bistum Würzburg in der Vergangenheit oft selbst über das weitere Vorgehen entscheiden. Der Würzburger Bischof Jung wünscht sich Konkreteres.
Der Würzburger Bischof Franz Jung hat den Umgang der vatikanischen Glaubensbehörde mit Missbrauchsfällen kritisiert. Wenn das Bistum Fälle nach Rom gemeldet und um Handlungsempfehlungen gebeten habe, sei die Antwort meist gewesen, der Bischof solle im eigenen Ermessen entscheiden, sagte Jung am Montag in Würzburg. Das könne er einerseits verstehen, weil damit die Zuständigkeit im Bistum bleibe. Dennoch wünsche er sich konkretere Angaben und kein “Guck halt, was du daraus machst”, wenn es diese Pflicht zur Meldung gebe. Der Bischof äußerte sich bei einer Pressekonferenz zum vor knapp einer Woche vorgestellten Würzburger Missbrauchsgutachten.
Diese Meldepflicht nehme er sehr ernst, betonte Jung. Das Bistum Würzburg habe in der Vergangenheit teils härtere Gangarten gegenüber Tätern vorgeschlagen, die von der Glaubensbehörde aus unterschiedlichen Gründen wieder abgemildert worden seien. “Das sind Dinge, die mich auch teilweise irritiert haben. Ich habe das auch immer wieder als Rückmeldung eingespielt”, sagte der Bischof. Über diese Vorgänge müsse weiter nachgedacht werden.
Jung kritisierte zudem, dass die Bistümer in Deutschland inzwischen teils sehr unterschiedliche Gutachten mit verschiedenen methodischen Ansätzen vorgelegt hätten. Ein einheitliches Aufarbeitungsprojekt wäre eigentlich im Sinne aller gewesen. “Aber die Bistümer sind alleine losgelaufen und haben unterschiedliche Institutionen mit der Aufarbeitung beauftragt.”
Das Würzburger Gutachten beschäftigt sich mit dem Umgang des Bistums mit sexuellem Missbrauch in den Jahren 1945 bis 2019. Auch darin wurde unter anderem festgestellt, dass bei den Fällen, die das Bistum pflichtgemäß an die römische Behörde gemeldet hatte, oft lediglich mitgeteilt worden sei, der Bischof solle über das weitere Vorgehen entscheiden. Zudem habe der Vatikan in mehreren Antworten darum gebeten, “Ärgernisse” zu vermeiden. Die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum hatte die Arbeitsweise und die Entscheidungen der Behörde kritisiert und gefordert, das Bistum möge sich an geeigneter Stelle für Reformen einsetzen.