Greifswald. Für eine kirchliche Hochzeit in Greifswald-Wieck den Blumenschmuck zu machen – für Leonie Korbach war das ein Vergnügen. „Das hat so etwas Feierliches“, sagt die 33-Jährige. Kornblumen, Mutterkraut und Wiesenblumen wählte sie von ihrem Anbau-Feld aus, band zwei große Sträuße für den Altar, vier kleine für die Kirchenbänke, außerdem den Brautstrauß und einen Knopflochstrauß für den Bräutigam. „Das Paar hatte sich Blumen wie vom Feldrand gewünscht“, erzählt sie. „Das passte gut zu dem, was im Juni bei mir blüht.“
Bei „mir“ bedeutet: bei der „Wilden Flora“ in Wampen bei Greifswald, wo Leonie Korbach seit einigen Monaten mit Unterstützung ihres Mannes Max auf fast 1000 Quadratmetern Schnittblumen anbaut. Ohne Pestizide, ohne Herbizide, ohne Torf, ohne schwere Maschinen. „Slowflower“ nennt sich diese Bewegung, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz inzwischen 200 Mitglieder hat. „Wir versuchen auch besondere Arten anzubauen, zum Beispiel gefüllte Tulpen oder Blumen mit Duft, die man bei Floristinnen und Floristen auch nicht mehr so oft bekommt“, erklärt Korbach.
Pionierin in Sachen Slowflower
Bisher stammt der überwiegende Teil aller handelsüblichen Schnittblumen in Deutschland aus den Niederlanden, Afrika oder Lateinamerika, wo sie mit viel Wasser und Pestiziden angebaut werden, oft auch in beheizten Gewächshäusern. Dagegen sind Saisonalität, Regionalität und Nachhaltigkeit Kernpunkte der Slowflower-Bewegung. In MV ist Korbach eine Pionierin. „Wir gehören zu den Ersten. Aber wir wollen nicht die Einzigen bleiben“, sagt sie.
Ursprünglich arbeitete Leonie Korbach als Landschaftsarchitektin. Eher zufällig stieß sie dann auf die Slowflower-Bewegung, stellte fest, dass ihre Leidenschaft für Blumen dort viel mehr Platz bekäme. Und so reifte in ihr die Idee, mit diesem Konzept den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Nach Workshops und Weiterbildungen hat sie im Frühling ihr Unternehmen gegründet.
Blumensträuße auf Bestellung verkauft sie nun in Greifswald und stattet Feiern in der Region mit Blumenschmuck aus. Seit Anfang August bietet sie an den Wochenenden zudem Selbstpflücker-Tage auf ihrer Blumenfläche an. „Da sind wir auch vor Ort, um zu zeigen, wie man die Blumen richtig erntet.“ Viele Menschen wüssten zudem nicht, welch schlechten CO2-Fußabdruck Blumen aus dem Ausland haben. „Da möchten wir gern aufklären.“
Arbeiten mit der Natur
Durchschnittlich 1 Euro pro Stiel kosten die Blumen bei der „Wilden Flora“. Leonie Korbachs Hoffnung, dass Menschen mehr Geld ausgeben für Blumen, die in der Region angebaut werden, scheint sich zu erfüllen. „Dabei weiß ich, dass das Konzept vor ein paar Jahren noch nicht funktioniert hätte“, sagt sie. „Der Trend zu nachhaltigen Blumen hinkt dem zu Bio-Gemüse um mindestens zehn Jahre hinterher.“
Mit ihrem Blumenfeld möchte sie einen Ort schaffen, „der einlädt, die Natur zu erfahren“. Blumen zu säen, durchs Jahr zu begleiten und nach der Ernte aus ihnen Werkstücke zu komponieren, bereite ihr selbst viel Freude: „Mit der Natur zu arbeiten, bedeutet für mich, ihr mindestens so viel zurückzugeben, wie sie für mich bereithält.“ „Bewahrung der Schöpfung“ könnte man auch dazu sagen.
Hochzeiten im Auftragsbuch
Noch blüht es bunt auf dem Blumenfeld, die ersten Dahlien öffnen gerade ihre Blüten. Bis Anfang November wird Leonie Korbach mit ihrem Mann dort zu tun haben. Ein paar weitere kirchliche Hochzeiten stehen auch schon im Auftragsbuch. Weil Gottesdienstbesuche in ihrer Kindheit zum Sonntag gehörten, sind Kirchen für Leonie Korbach vertraute Orte. „Heute spielt der Glaube zwar nicht mehr so eine Rolle für mich, aber ich finde es schon reizvoll, Blumenschmuck für eine Kirche zu komponieren“, sagt sie. „Das ist ja ein heiliger Ort.“ Am meisten Spaß mache es ihr, wenn sie auch das Aufstellen und -hängen in der Kirche übernehmen dürfe. „Das ist dann eine runde Sache.“
Für die dunkle Jahreszeit hat Leonie Korbach auch Pläne. Sie will etwa Workshops anbieten, bei denen sie zeigt, wie man Trockenblumenkränze selbst fertigt: „Ein Adventskranz aus Trockenblumen zum Beispiel sieht wunderschön aus.“