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Wissenschaftler: Eichhörnchen haben Lepra übertragen

Ratten und Pest. Der Wildtiermarkt von Wuhan und Corona: Dass Tiere Seuchen bei Menschen auslösen können, ist wieder ins Bewusstsein der Menschheit geraten. Vielleicht spielen auch Eichhörnchen eine solche Rolle.

Eichhörnchen könnten im Mittelalter Lepra übertagen haben. Forschende der Universitäten Basel und Zürich haben jetzt nachgewiesen, dass britische Eichhörnchen bereits im Mittelalter Lepra-Erreger in sich trugen, wie die Universität Basel (Freitag) mitteilte. Die Ergebnisse zeigen auch, dass es eine Verbindung gebe zwischen den Lepra-Erregern in den mittelalterlichen Nagetieren und jenen in der britischen Bevölkerung im Mittelalter.

Die Infektionskrankheit Lepra, die Nerven und Haut befällt, kann zu schwerwiegenden Symptomen führen. Das hauptsächlich dafür verantwortliche Bakterium Mycobacterium leprae, das bis heute insbesondere im globalen Süden jährlich rund 200.000 Menschen infiziert, hat auch in Europa eine lange Geschichte.

Die internationale Forschungsgruppe um die Paläogenetikerin Verena Schünemann konnte mittels archäologischer Funde rote Eichhörnchen als Wirt für Lepra-Bakterien im mittelalterlichen England nachweisen. Die Forschenden stellten zudem fest, dass die Leprabakterien der Eichhörnchen sehr nah verwandt seien mit Leprabakterien, die man aus mittelalterlichen menschlichen Skeletten aus derselben Region isoliert habe. Die Ergebnisse erschienen im Journal “Current Biology”.

“Diese Ähnlichkeit zeigt uns, dass es wahrscheinlich einen Austausch der Bakterien zwischen Tier und Mensch zu dieser Zeit gab”, sagt Schünemann. Sie betont allerdings, dass nach dem heutigen Kenntnisstand nicht klar sei, auf welchem Weg dieser Austausch stattgefunden hat. “Wir wissen nicht, ob die Eichhörnchen die Menschen ansteckten oder ob Menschen die Erkrankung zu den Tieren brachten.”

Berührungspunkte gab es nach Darstellung der Wissenschaftler im Mittelalter jedenfalls einige: etwa durch den Pelzhandel, der insbesondere durch die Königshäuser florierte. So wurden im 11. und 12. Jahrhundert unter anderem Mäntel aus dem Fell der Nagetiere hergestellt. Andererseits gab es auch Eichhörnchen als Haustiere; unter anderem wurden die Tiere in Nonnenklöstern gehalten.

Für ihre Untersuchung konzentrierten sich die Forschenden auf die südenglische Stadt Winchester. Dort gebe es dank archäologischer Fundstätten genügend Material für die Gen-Analysen. Die menschlichen Überreste stammten aus einem Leprosarium, einer Pflegeeinrichtung speziell für Leprakranke. Die mittelalterlichen Eichhörnchen konnten sie dank Hand- und Fußknochen untersuchen, die an einer früheren Kürschnerwerkstatt gefunden wurden.

Für die Forschenden sind die Ergebnisse besonders wichtig mit Blick auf die künftige Bekämpfung von Lepra. Denn bis heute ist nicht vollends geklärt, wie sich die Krankheit verbreitet. “Indem wir alte tierische und menschliche Stämme direkt vergleichen, können wir potenzielle Übertragungsereignisse im Laufe der Zeit rekonstruieren und damit Rückschlüsse auf das langfristige zoonotische Potential der Krankheit ziehen.” Die Ergebnisse seien auch für heute relevant, da Tiere als Wirte von Lepra aus der Sicht der Wissenschaftler noch immer sehr wenig Beachtung finden.