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“Wir sind Kirche” für staatliche Eingriffe bei kirchlichem Missbrauch

Die katholische Gruppe “Wir sind Kirche” fordert staatliches Engagement gegen Missbrauch in der Kirche. Sie reagiert auf einen einschlägigen Bericht im Bistum Fulda.

Aus Sicht der katholischen Gruppe “Wir sind Kirche” sind Kirchenleitungen nicht in der Lage, “wirkliche Aufklärung” zu Fällen sexuellen Missbrauchs zu leisten. Ein staatliches Eingreifen sei daher notwendig, forderte die Organisation am Mittwoch – einen Tag nach der Vorstellung eines Missbrauchsberichts für das Bistum Fulda. Dieser Bericht habe nicht aufklären können, was die früheren Bischöfe Johannes Dyba (1983-2000) und Heinz Josef Algermissen (2001-2018) “über die Vertuschung von Missbrauchsfällen” gewusst hätten, kritisierte “Wir sind Kirche”.

Dass die Personalverantwortung nicht direkt bei den Bischöfen gelegen habe, sondern sie diese delegiert hätten, sei “nicht nur dem persönlichen Versagen” der Kirchenleitung geschuldet, sondern habe auch Vorgaben aus dem Vatikan entsprochen, kritisierte die Gruppe.

Mindestens 120 mutmaßlich Betroffene von sexuellem Missbrauch hat es im Bistum Fulda seit 1945 gegeben. Das geht aus dem 319-seitigen Abschlussbericht hervor, den die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum am Dienstag in Fulda vorstellte. “Missbrauchsopfer wurden in ihren Nöten und ihrem Leid bis zum Jahr 2010 nicht beachtet. Man war blind für das Leid der Betroffenen”, sagte der Kommissionssprecher Gerhard Möller.

Die Aufarbeitungskommission sichtete in den vergangenen vier Jahren unabhängig und systematisch 2.124 Personalakten von 1945 bis Dezember 2024. Demnach kam es 239 Mal zu strafbaren sexuellen Handlungen. Die Kommission geht von einer hohen Dunkelziffer aus. An 37 Betroffene wurden finanzielle Leistungen in Anerkennung des Leids geleistet.

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber kündigte an, die Aufarbeitung fortzuführen und die Prävention auszubauen. Er will sich nach Auswertung des Berichts am 26. Juni ausführlich dazu äußern.