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Wie faire Blumen in Kenia einen Unterschied machen

Das Gewächshaus, in dem Beatrice Muthoni Rosen schneidet, trägt die Nummer 17. Für Muthoni hat es etwas Symbolisches: Seit 17 Jahren arbeitet sie mittlerweile auf der Blumenfarm Branan in Thika, eine Autostunde nördlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi.

Schritt für Schritt schreitet sie die Rosenreihen ab und fügt die Blumen zu einem großen Strauß auf ihrem linken Arm zusammen, schwer klebt die rote Erde an ihren Gummistiefeln. Dann misst Muthoni die Stiellänge und sortiert die Rosen in unterschiedliche Eimer, damit die Köpfchen der kürzeren Rosen nicht von den Dornen der längeren beschädigt werden.

Auf 24 Hektar baut ihr Arbeitgeber Branan Flowers seit 1998 Blumen an, vor allem Rosen und ausschließlich für den Export. Kenia ist weltweit eines der Länder, das die meisten Schnittblumen ausführt. Rund 40 Prozent der Stielrosen auf dem europäischen Markt stammen aus kenianischen Gewächshäusern, 2022 machten die Blumen etwa zehn Prozent der kenianischen Exporte sowie ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Schätzungen zufolge schaffen die Blumen rund 500.000 Arbeitsplätze.

Doch oft sind die Arbeitsbedingungen schlecht: lange Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung und nur saisonale Verträge. 53 der rund 200 Blumenfarmen in Kenia allerdings sind mittlerweile mit dem Fairtrade-Label zertifiziert, so wie auch Branan seit 2015.

Das bedeutet: Es müssen bestimmte Arbeitsrechtsstandards eingehalten werden, darunter begrenzte Arbeitszeiten. Und es gibt einen von der Gewerkschaft ausgehandelten Lohn, der in Kenia bei etwa 85 Euro im Monat beginnt. Auch Umweltstandards müssen gewahrt werden, gewisse Pestizide dürfen nicht gespritzt werden. Im Gegenzug garantieren die Aufkäufer der Farm bestimmte Abnahmemengen und -preise und zahlen einen Aufschlag von zehn Prozent auf den Preis, auf den sie sich mit der Blumenfarm geeinigt haben.

Auch wenn das Geld nicht direkt in die Tasche der Arbeiterinnen und Arbeiter geht, fließt es doch auf ein Konto, das von einem Komitee aus ihrer Mitte verwaltet wird. Alle Arbeitskräfte können Vorschläge einreichen, wie das Geld verwendet werden soll – und schließlich darüber abstimmen. Bei Branan gibt es zum Beispiel Stipendien für die Kinder der Mitarbeitenden. Die Grundschule ist in Kenia gebührenfrei, doch für die weiterführende Schule, für Fachhochschulen und Universitäten fallen zum Teil hohe Gebühren an, die völlig außerhalb der Reichweite der Branan-Arbeiter wären, hätten sie nur ihren Lohn zur Verfügung.

„Die Umstellung auf Fairtrade hat uns geholfen, unsere Kinder zur Schule zu schicken“, sagt die Rosenpflückerin Beatrice Muthoni. Die Mittvierzigerin hat selbst fünf Kinder. Inzwischen gebe es Kinder von Arbeiterinnen und Arbeitern, die Jura studiert hätten, bestätigt Farm-Manager David Muchiri die Wirksamkeit der Prämien.

Nur wenige hundert Meter entfernt liegt die Thamuru-Grundschule. Viele der Kinder der Branan-Beschäftigten gehen hier zum Unterricht. Mit einem Teil der Fairtrade-Prämie haben sie über die vergangenen Jahre eine neue Küche, Toilettengebäude und ein Eingangstor für die staatliche Schule gebaut, der es vorne und hinten an Ressourcen fehlt.

Der Spielraum ist jedoch noch längst nicht ausgeschöpft, weil die Nachfrage nach Fairtrade-Blumen noch nicht groß genug ist. Die Farmen in Kenia können daher nur einen Teil der fair produzierten Blumen mit Prämie verkaufen, der Rest wird als herkömmliche Rosen exportiert. Derzeit machen die von Fairtrade zertifizierten Blumen etwa ein Drittel des Marktes in Deutschland aus.

Und ganz aktuell haben die Blumenproduzenten noch mit einem weiteren Problem zu kämpfen: einer Motte. Die „False Coddling Moth“ muss der EU fernbleiben, für die Importware gibt es strenge Kontrollen. Und das Pestizid, mit dem die Motte am besten bekämpft werden kann, ist nach Fairtrade-Standards nicht erlaubt.

Wenn auch nur ein Ei der Motte auf den Rosen gefunden wird, sperrt Kenia die Farm für den Export, bis sie wirksame Gegenmaßnahmen nachweisen kann. Das ist nicht leicht: „Wir wollen nachhaltig Blumen anbauen“, sagt Muchiri. „Wir würden uns wünschen, dass die EU ein bisschen nachsichtig mit uns ist.“

In der Packhalle von Branan werden die Blumen immer wieder akribisch auf Qualität und mögliche Schädlinge kontrolliert. Eine Sperre kann sich der Betrieb nicht leisten. An Dutzenden Tischen binden Männer und Frauen die Blumen zu Sträußen und verpacken sie für den Export, es läuft amerikanischer Pop. In Deutschland kündet der QR-Code an der Verpackung von der Herkunft der Rosen – mit ihm kann der Weg bis ins Gewächshaus nachverfolgt werden.