Ein halbes Jahrhundert war sie vergessen: die Darstellung einer Madonna mit Kind von Maler Sandro Botticelli. Polizisten entdeckten das 100-Millionen-Euro-Bild nun in einem Privathaus – und in einem schlechtem Zustand.
In Italien ist ein fast vergessenes Bild von Renaissance-Meister Sandro Botticelli in einem Privathaus wiederentdeckt worden. Die Darstellung der Gottesmutter mit Jesuskind dürfte um die 100 Millionen Euro wert sein, wie die Zeitung “La Repubblica” (Mittwoch) berichtete. Das Werk sei in einem schlechten Zustand und soll nun restauriert werden. Die Arbeiten nähmen mindestens ein Jahr in Anspruch. Danach soll das Bild öffentlich ausgestellt werden.
Das Werk gehörte dem Bericht zufolge ursprünglich Papst Sixtus IV. (1471-1484) und ist seit mehreren Jahrzehnten im Besitz einer italienischen Familie, die es in einem Haus nahe Neapel aufbewahrte. Die Polizei-Abteilung zum Schutz von Kulturerbe wurde auf die Existenz des Bildes aufmerksam, als sie staatliche Kunstverzeichnisse überprüfte. Dabei fiel auf, dass es schon seit 50 Jahren nicht mehr überprüft worden war.
In Italien müssen Privatpersonen, die Kunstschätze von hohem öffentlichen Interesse besitzen, für eine angemessene Aufbewahrung sorgen. Normalerweise prüfen die Behörden regelmäßig den Zustand solcher Werke. Bei dem Botticelli-Bild war die Kontrolle offensichtlich ein halbes Jahrhundert lang vergessen worden und wurde nun nachgeholt.
Laut “Repubblica” weist das Gemälde Lackablösungen, Farbabplatzungen, Abschürfungen und Farbveränderungen auf. Es sei nun der italienischen Kulturaufsicht übergeben worden und werde künftig vermutlich in einem Museum ausgestellt. Die Familie bleibe aber offiziell Besitzerin.
Sandro Botticelli (1445-1510) zählt zu den bedeutendsten Malern der Renaissance. Weltberühmt ist sein Gemälde “Die Geburt der Venus” von etwa 1485. Die nun wiederentdeckte “Madonna mit Kind” soll laut Kunsthistoriker Peppe Di Massa seine Muse Simonetta Vespucci darstellen, die vermutlich auch Vorbild für die “Venus” war.
Der Meister habe das Gemälde im späten 15. Jahrhundert gefertigt und Papst Sixtus IV. übergeben, sagte der Experte der Zeitung. Weil dieser wegen des Baus der Sixtinischen Kapelle in Finanznöte geraten war, habe er das Gemälde der Kirche Santa Maria delle Grazie bei Neapel geschenkt. So habe sich der Papst mit den reichen Medici gut stellen wollen, die Land in der Region gekauft hatten. Vor einigen Jahrzehnten gelangte das Bild dann in den Besitz der Familie, in deren Privathaus es nun gefunden wurde.