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Sterbehilfe-Urteil: Wenn nur der Tod Erlösung bringt

Ein Gericht weist zwei schwer kranke Männer ab, die Zugang zu einem tödlichen Betäubungsmittel einklagen wollten. Dieses Urteil verhindert selbstbestimmtes Sterben, kommentiert Sibylle Sterzik.

Mehr als 400 kranken Menschen hat der Verein bei ihrem Sterben geholfen
Mehr als 400 kranken Menschen hat der Verein bei ihrem Sterben geholfenepd-bild / Jürgen Blume

Wer dachte, mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts werde Sterbehilfe klarer geregelt, vielleicht für Todkranke erleichtert, ist enttäuscht. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage zweier schwerkranker Männer abgelehnt. Sie wollten Zugang zu dem tödlich wirkenden Medikament Natrium-Pentobarbital per Gericht erwirken, das einen Suizid ohne ärztliche Hilfe oder Sterbehilfe-Verein ermöglicht, wenn das Leid unerträglich wird. Das Pulver, in Wasser aufgelöst, fördert den Schlaf. In höheren Dosen wirkt es tödlich. Und fällt deshalb unter das Betäubungsmittelgesetz. Ganz klar, dass damit vorsichtig umgegangen werden muss.

Urteil markiert Versäumnis des Gesetzgebers

Doch das Urteil verhindert nicht nur, dass die Todkranken selbstbestimmt ohne medizinische Hilfe zu Hause und im Kreis der Familie zum Zeitpunkt ihrer Wahl sterben dürfen. Und wer schon einmal einen Sterbenden begleitet hat, weiß, dass Medikamente nicht alle Schmerzen und Ängste beseitigen können. Erlösung bringt dann nur der Tod.

Der Richterspruch markiert zugleich ein Versäumnis des Gesetzgebers, den Rahmen für einen assistierten Suizid in Deutschland gesetzlich neu zu regeln, wozu die Vergabe von Suizidmitteln gehört. Das forderte das Bundesverfassungsgericht schon 2020, als es mit seinem Urteil das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung kippte und das Recht auf selbstbestimmtes Sterben stärkte.

Eindeutige rechtliche Grundlage fehlt

Und bereits 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht, der Staat dürfe die Vergabe von Suizidmitteln “in extremen Notlagen” nicht verweigern. Doch bis heute fehlt eine eindeutige rechtliche Grundlage für den Erwerb eines Sterbehilfe-Medikaments. Eine Gesetzeslücke, die endlich gestopft werden muss.