In der Elternzeit zu Hause bleiben? Viola Ehrig entschied sich anders. Die zweifache Mutter aus Neustadt an der Donau verreiste mit ihrem Partner und ihrem Sohn für vier Wochen ins Ausland – um die Zeit ohne Arbeitsalltag für gemeinsame Erlebnisse zu nutzen. Mit dem Wohnmobil fuhren sie, damals vor neun Jahren noch zu dritt, durch Nordamerika. Ab Toronto ging es mehrere Tausend Kilometer in Richtung Westen, über die US-amerikanische Grenze und weiter über die kargen Ebenen der Great Plains, bis nach Wyoming und wieder zurück.
Ehrig arbeitete in der Reisebranche. Bei ihrer Planung habe sie niemanden gefunden, der auf Elternzeit-Reisen spezialisiert ist. Als sie zurückkehrte, beschloss sie deshalb, ein Büro zu eröffnen – zur Planung von Reisen mit Baby und Kleinkind. Genaue Zahlen nennt sie nicht, aber die Anfragen seien seitdem deutlich gestiegen. Am beliebtesten sind bei ihren Kunden demnach USA, Kanada, Neuseeland, aber auch Ziele innerhalb Europas. Dabei sollte man diese fünf Fehler vermeiden.
Zeit auf Reisen oft entspannter als im heimischen Alltag
Die typischen Touristen-Hotspots sind Eltern dabei oft weniger wichtig. Das Wort “Urlaub” vermeidet Ehrig. “Im Urlaub entspannt man sich”, sagt sie. “Bei der Elternzeit-Reise steht das nicht so sehr im Fokus. Man lässt die Arbeit der Elternzeit ja nicht zu Hause.” Trotzdem sei die Zeit auf Reisen oft entspannter als im heimischen Alltag. “Man muss sich nicht um so viel kümmern wie sonst. Hausarbeiten und Reparaturen in der Wohnung fallen weg”, sagt Ehrig. “Stattdessen ist man in einem eigenen kleinen Kosmos unterwegs.”
Ihr Baby habe Kontakte erleichtert. “Wir waren erstaunt, wie schnell wir mit Baby im Ausland mit anderen Menschen ins Gespräch gekommen sind.” Ehrig erinnert sich an einen Nachmittag in einem Cafe in Minnesota: Der Kleine warf immer wieder den Löffel herunter. Ein Paar hob ihn wieder auf, man kam ins Gespräch. Eineinhalb Stunden später saßen sie in der Wohnung des Paares bei einem Eistee, und noch heute stünden sie in Kontakt.
Ähnliche Erfahrungen machte Katharina Hermes. Die zweifache Mutter und ihr Partner reisten schon vor der Geburt ihrer Kinder oft, teilweise nach Übersee. Sieben Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes starteten sie nach Singapur. Die zweimonatige Reise war genau durchgeplant, wie sie sagen. Nach einem zweitägigen Zwischenstopp in der Millionenstadt ging es nach Melbourne in Australien. Von dort reisten sie mit dem Camper nach Sydney. Per Flugzeug ging es nach Christchurch in Neuseeland und mit einem zweiten Camper über fünf Wochen bis nach Auckland. Das letzte Ziel waren die Fidschis, weitere Reisen führten nach Norwegen und Bayern.
An den Alltag mit Baby gewöhnen
Nicht alles lief nach Plan: In Singapur wurde das Baby krank, mit 38 Grad Fieber, wie Hermes sagt. Die weitere Reise sei aber überraschend glatt verlaufen. “Wir hatten ein Anfängerbaby”, sagt Hermes. “Unsere Ältere hat viel geschlafen.”
Zur Sicherheit buchten die Eltern ihre Reise erst vier Wochen nach der Geburt. “So konnten wir vorher alles besprechen und uns an den Alltag mit Baby schon einmal gewöhnen”, sagt Hermes. Als die Reise startete, war die Tochter sieben Monate alt. Auch Ehrig empfiehlt, mit der Elternzeit-Reise ein paar Monate zu warten, um sich an den neuen Lebensabschnitt zu gewöhnen und um sicherzugehen, dass bei den Vorsorgeuntersuchungen alles in Ordnung ist.
Trotzdem solle man nicht zu detailliert planen, “die Excelliste mit genauem Zeitplan lieber zu Hause lassen”, sagt Ehrig. “Meistens kommt es doch anders als gedacht: Man ist langsamer unterwegs als man plante. Oder die Decke auf der Wiese ist plötzlich interessanter als die Tagestour durch die Stadt.”
Einen Ruhetag pro Woche
Mit Baby sollte man außerdem nicht so viel am Stück fahren. Ehrig empfiehlt, einmal pro Woche einen Ruhetag einzuplanen. “So kann man die gewonnen Eindrücke besser verarbeiten, das Kind mal einfach krabbeln lassen, im Reiseführer lesen”, sagt Ehrig. Viele Eltern nähmen außerdem mehr mit, als sie bräuchten: “Beim Packen muss man nicht die komplette Windelversorgung für die Reise mitnehmen. Auch in anderen Ländern gibt es Babys.”
Bei der Reise probierten Hermes und ihr Partner aus, wann das Maximum an Autofahrtzeit erreicht war. Am besten habe es über die Mittagsschlafzeit geklappt, dann seien auch mal drei Stunden am Stück drin gewesen. “Wo am wenigsten los war, da war es für uns mit Baby am besten”, sagt Hermes. “In dem Alter braucht das Kind nicht viel. Eine Decke zum Krabbeln, in späteren Monaten ein bisschen Spielzeug.”
Besonders südliche Länder wie Portugal sind laut Ehrig meistens kinderfreundlich. Ehrig empfiehlt Reiseziele, in denen sich die Eltern verständigen können und keine sprachlichen Hürden bestehen, um in Notfällen problemlos Hilfe zu organisieren. Auch über gesundheitliche Risiken müsse man Bescheid wissen. Eltern sollten sich außerdem über die Wetterbedingungen vor Ort informieren, so Ehrig: Regenzeiten sind für Roadtrips mit dem Camper schwierig.
Eine Frage des Geldes
Nicht jedes Paar kann sich Elternzeit-Reisen leisten. Ein Wohnwagen kostet bei Ehrig zum Beispiel in Europa in der Nebensaison pro Tag 100 Euro Miete. Für einige Eltern ist dafür Sparen angesagt. Eine gemeinsame Reise über mehrere Wochen sei aber für viele Familien eine seltene Gelegenheit. Kunden seien deshalb bereit, auf einen späteren Urlaub zu verzichten.