Sabine hat Zahnschmerzen. Erst hofft sie, die gehen von allein wieder weg, Aber das tun sie nicht. Im Gegenteil. Es wird schlimmer. Schließlich ruft sie den Zahnarzt an und vereinbart einen Termin. Die Behandlung ist schmerzhaft, erfordert drei Termine. Aber danach ist es vorbei und der Zahnschmerz schnell vergessen.
Bei körperlichen Schmerzen ist es für Menschen völlig normal und naheliegend, einen Arzt aufzusuchen und Abhilfe zu schaffen. Bei seelischen Problemen tun sich viele deutlich schwerer. Bis vor einigen Jahren schien es eine fast unüberwindliche Hürde zu sein, eine Beratungsstelle aufzusuchen oder sich um eine Psychotherapie zu bemühen. Oder auch nur den Pfarrer oder die Pfarrerin um ein seelsorgerliches Gespräch zu bitten.
Wie viele Partnerschaften mögen daran zerbrochen sein, dass ein Paar seine Probleme nicht offen angegangen hat – und Hilfe gesucht hat, etwa bei einer Paarberatung.
Dabei kann es so einfach sein, wenn da Experten oder Expertinnen sind, die den Blick von außen haben und es schaffen, durch gezielte Fragen den Blick in eine andere Richtung zu lenken. Dadurch kann sich mancher Knoten lösen.
Ähnliche Unterstützung gibt es auch im beruflichen Bereich. Da kann Supervision helfen, wenn es zum Beispiel Konflikte in einem Team gibt. Aber auch, wenn jemand sich schlicht weiterentwickeln möchte.
Im Laufe der Jahre hat sich bereits viel verändert: Während früher jemand noch verschämt den Hintereingang zur Supervisorin genutzt hat, stehen die meisten inzwischen dazu.
Auch im Bereich Psychotherapie hat sich da viel getan. Ebenso gehen heute Eltern offener damit um, wenn sie eine Erziehungsberatung aufsuchen. Dennoch gibt es noch immer Menschen, die sich vor allem im psychischen Bereich schwer damit tun, Hilfe zu suchen und anzunehmen.
Dabei sollte es da doch genauso sein wie bei den Zahnschmerzen. Da ist es selbstverständlich, sich Hilfe zu suchen. Bei anderen Schmerzen geht man vielleicht erst mal zum Hausarzt. Niemand käme auf die Idee, jemanden als Schwächling zu bezeichnen, wenn er zum Arzt geht. Aber auch der Hausarzt kann nicht alles behandeln und überweist dann weiter zum entsprechenden Spezialisten.
Für seelische Probleme gibt es ebenso ein breites Angebot an fachlicher Hilfe. Da ist etwa die Telefonseelsorge als Erstkontakt oder ein Gespräch mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer. Die werden bei etlichen Themen vermutlich den Tipp geben, sich an eine Therapeutin, einen Berater oder eine Supervisorin zu wenden. An die entsprechenden Fachleute eben.
Nicht immer sind seelische Probleme so einfach zu behandeln wie Zahnschmerzen. Aber wer versucht, seine Schwierigkeiten mit sich allein auszumachen oder sie gar ignoriert, hat kaum eine Chance, dass sich seine Lage bessert. Im schlimmsten Fall ist es dann doch wie bei Zahnschmerzen, wo sich ohne Behandlung der Schaden immer tiefer frisst und am Ende für Zerstörung sorgt.
Sich auch bei seelischen Schmerzen und Problemen Hilfe zu suchen, ist wichtig, richtig und sollte nicht als Makel angesehen werden. Gut, dass sich diese Erkenntnis immer weiter durchsetzt.