35 Jahre nach der Wiedervereinigung fehlt in Film und Fernsehen noch immer der ostdeutsche Blick. Die Initiative Quote Ost will das ändern – und hat eine neue Gesprächsreihe gestartet.
35 Jahre nach der Wiedervereinigung ist der Osten Deutschlands in Film und Fernsehen unterrepräsentiert. Die vor einem Jahr gegründete Initiative Quote Ost will das ändern und hat jetzt die Gesprächsreihe “Man spricht ostdeutsch” gestartet. Auftakt war am Mittwochabend im Leipziger Programmkino Cineding.
“Das Land ist gepalten – mehr als uns lieb ist”, sagte der TV-Produzent und Quote-Ost-Mitinitiator Jochen Alexander Freydang. “Die Politik versucht das wegzureden, damit das keinem auffällt.” Dass aber immer noch vom Bereich Schauspiel abgesehen kaum Ostdeutsche an den Schaltstellen der Kreativberufe und bei den Sendern säßen, falle nun einmal auf – “und führt dazu, dass die Spaltung noch vertieft wird”, so Freydang.
Die Schauspielerin Sophie Pfennigstorf (“Stralsund”, “Tatort”) berichtete von den “strukturellen Absurditäten” dieser Entwicklung, bei der die westdeutsche Produktionsfirma beim TV-Dreh in Mecklenburg-Vorpommern extra einen Sprachcoach engagiert, der den Darstellern “Ostdeutsch” beibringen soll.
Natürlich könnten nicht nur Menschen aus Ostdeutschland Geschichten aus Ostdeutschland erzählen. Wenn aber die Entscheider bei den Sendern fast ausschließlich aus dem Westen kämen, sei das auch problematisch, da dann viele Stoffe durch den Rost fielen, so Pfennigstorf. “Wenn sich viele Menschen in Ostdeutschland im Programm der Sender nicht wiederfinden, liegt das auch daran, dass von außen über Ostdeutschland erzählt wird – und nicht von innen heraus”, meinte die gebürtige Leipzigerin und forderte ein “Anrecht auf Sichtbarkeit und die eigenen Geschichten”.
Der Schauspieler Peter Schneider (“Dark”, Chabos”) verwies darauf, dass in Bayern ganz selbstverständlich eine – zumeist inoffizielle – “Franken-Oute” existiere, die auch im Bayerischen Rundfunk gelte. Zudem würden die 1990er Jahre und damit die große Transformationsleistung der Menschen in Ostdeutschland medial immer noch ungenügend berücksichtigt.
Kontrovers wurde auf dem Panel diskutiert, was oder wer eigentlich ostdeutsch sei. Der Streamingdienst Netflix hat dafür eine einfache, pragmatisch Lösung: Das US-Unternehmen lädt Ende November zu einem Workshop nach Leipzig, bei dem es um ostdeutsche Stoffe und Geschichten geht. Wer seit mindestens acht Jahren in Ostdeutschland lebt, konnte sich bewerben.