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Weihnachten: Wie Deutschland feiert

Humorlichkeit statt Perfektion: Eine neue Weihnachtsstudie zeigt, dass zwischen Besinnlichkeit, Stress und höflichen Schwindeleien der Wunsch nach echter Nähe zentral bleibt.

Laut der neuen Studie erlebt der Weihnachtswichtel  2025 einen deutlichen Aufschwung in der Beliebtheitsskala der Weihnachtstraditionen
Laut der neuen Studie erlebt der Weihnachtswichtel 2025 einen deutlichen Aufschwung in der Beliebtheitsskala der Weihnachtstraditionenprivat

Weihnachten 2025 ist ein Fest zwischen Gewohnheit und Experiment. Das zeigt die aktuelle „Weihnachtsstudie 2025“ der Universität der Bundeswehr München. Seit 2018 befragt das Team um Marketingprofessor Philipp A. Rauschnabel jährlich mehr als 1.000 Menschen; diesmal nahmen 1.252 Personen teil, repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Region. Trotz anhaltender Preissteigerungen erwarten die meisten ein gutes Fest – die Stimmung wirkt eher gedämpft, aber doch optimistisch. Und auch der Gottesdienst spielt eine Rolle.

Zu den auffälligsten Trends zählt die „Weihnachtsgurke“, ein ursprünglich US-amerikanischer Brauch, der dort im Glauben entstand, typisch deutsch zu sein – und nun als vermeintlicher Import zurückkehrt. 37 Prozent der Befragten kennen ihn inzwischen, und unter Haushalten mit Baum können sich 11 Prozent vorstellen, eine Gurke zu verstecken. Rauschnabel geht davon aus, dass der Anteil bis Heiligabend weiter steigt, da Händler den Trend bereits aufgreifen.

Weihnachtswichtel beliebt

Auch der Weihnachtswichtel erlebt 2025 einen deutlichen Aufschwung. Seine Bekanntheit ist im Vergleich zum Vorjahr um 41 Prozent gestiegen; viele – besonders Frauen und jüngere Menschen –  finden Gefallen an dem nächtlich aktiven Mitbewohner, der Briefe schreibt und kleine Streiche spielt. Die Studie zeigt zudem: Wichtel polarisieren. Während manche die Fantasiefigur lieben, empfinden andere den Aufwand als unnötig. Für viele Familien aber wird die Adventszeit so zur Bühne für Kreativität, Nähe und spielerische Spannung.

KI schreibt mit

Digital verändert sich das Fest ebenfalls. 30 Prozent der Befragten nutzen oder erwägen künstliche Intelligenz für ihre Weihnachtspost – bei den bis 31-Jährigen sind es 44 Prozent. Die Forschenden sprechen von wAInachten – einem Wortspiel aus Weihnachten und AI (Artificial Intelligence), also künstlicher Intelligenz –, wenn KI hilft, Formulierungen zu finden oder persönliche Botschaften zu gestalten. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft, weihnachtliche Inhalte in sozialen Medien zu posten. Viele wollen bewusster feiern und Smartphone-Zeiten reduzieren; Trends wie Digital Detox, nachhaltige Weihnachtsbäume oder Keine-Geschenke-Absprachen finden spürbar Zuspruch. Der Wunsch nach „echteren“ Festen wird deutlicher: weniger Inszenierung, mehr Entlastung.

Gottesdienste legen wieder zu

Nach dem pandemiebedingten Einbruch steigt die geplante Teilnahme an Weihnachtsgottesdiensten wieder leicht an und liegt nun bei 18 Prozent. Besonders auffällig ist die Altersverteilung: In der Gruppe der bis 31-Jährigen planen 27 Prozent einen Kirchenbesuch – deutlich mehr als in älteren Generationen. Regionen im Westen und Süden zeigen sich insgesamt kirchenoffener als Norden und Osten.

Als Erklärung bieten sich mehrere Überlegungen an: Jüngere Menschen sind insgesamt experimentierfreudiger, suchen bewusst Orte der Gemeinschaft oder nutzen die Feiertage, um zwischen digitalen Routinen und analogen Ritualen zu wechseln. Manche wählen den Gottesdienst auch als Gegengewicht zu einem Jahr voller Bildschirmkontakte. Die Studie bewertet das nicht abschließend, macht aber deutlich, dass gerade jüngere Erwachsene Weihnachten nicht nur als Familienfest, sondern auch als Gelegenheit für ein besonderes Erlebnis verstehen.

Besinnlichkeit, Humor und Wunsch nach echtem Fest

Für rund die Hälfte der Deutschen gehören Besinnlichkeit und Ruhe zu den zentralen Bestandteilen des Festes. Gleichzeitig sagen 54 Prozent, Humor und Besinnlichkeit ließen sich gut verbinden. Studienleiter Rauschnabel nennt dieses Zusammenspiel „Humorlichkeit“ – ein Begriff, der die Doppelgesichtigkeit vieler Weihnachtsfeste beschreibt.

Zugleich zeigt die Studie, dass viele in den Feiertagen zu „sozialen Schwindeleien“ neigen: Stress verbergen, Geschenke höflich loben, Diskussionen vermeiden. Frauen und jüngere Menschen berichten dies etwas häufiger. In der Studie werden solche Phänomene als Hinweise gelesen, dass Weihnachten einen hohen emotionalen Anspruch hat – und Menschen dennoch versuchen, das Fest für andere möglichst harmonisch zu gestalten.

Konsumverhalten auch offline

Beim Geschenkkauf bleibt Online-Shopping wichtig, doch der Einkauf im Laden vor Ort gewinnt wieder etwas an Gewicht. Immer mehr Menschen recherchieren online und kaufen anschließend doch offline – ein Trend, der laut Studie vor allem bei pragmatischen Käuferinnen und Käufern zunimmt. Gleichzeitig geben viele an, bei steigenden Preisen sorgfältiger zu planen, aber möglichst wenig zu verzichten. Der Black Friday hat das Weihnachtsgeschäft dabei weiter entzerrt.

Fest im Wandel

Die Studie zeichnet das Bild eines Festes im Wandel: zwischen digitalen Werkzeugen und alten Ritualen, zwischen perfekter Inszenierung und dem Wunsch nach Ruhe. Aus evangelischer Sicht ist dabei bemerkenswert, wie stabil die grundlegenden Bedürfnisse bleiben: Menschen suchen Nähe, Orientierung und ein Gegenüber, das trägt – selbst wenn die Formen sich verändern.

Dass jüngere Erwachsene wieder häufiger Gottesdienste besuchen, kann theologisch als leiser Hinweis gelesen werden: Auch in einer digital geprägten Generation bleibt der Wunsch nach einem Ort, an dem verbindende Geschichten größer sind als der eigene Alltag. Und dass Humor und Besinnlichkeit sich nicht widersprechen, passt zu einem Fest, das von Freude erzählt, die mitten in einer unvollkommenen Welt aufscheint.

Denn bei allem Strahlen und Glänzen erzählt die weihnachtliche Botschaft von einem Gott, der Menschen nicht in einem perfekten Event begegnet, sondern mitten in ihrer Verletzlichkeit – und so das Fest zurück vom Himmel auf die Erde holt: Weihnachten muss nicht makellos sein, damit es echt ist.